Bei der Einrichtung des Stadtkreises Graudenz am 1. Januar 1900 wurde der Kreis zugleich in „Landkreis Graudenz“ umbenannt
Das Gebiet des Kreises Graudenz kam durch die erste Teilung Polens 1772 zu Preußen. Es gehörte zunächst zum Kreis Culm.
Durch die preußische Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und ihre Ausführungsbestimmungen kam das Gebiet zum Regierungsbezirk Marienwerder der neuen Provinz Westpreußen. Im Rahmen einer umfassenden Kreisreform im Regierungsbezirk Marienwerder wurde zum 1. April 1818 aus dem Nordteil des Kreises Kulm der neue Kreis Graudenz gebildet. Dieser umfasste die Städte Graudenz, Lessen und Rehden, das Domänenamt Engelsburg, ein Teil des Intendanturamtes Graudenz, die Ämter Amt Rehden und Roggenhausen sowie 81 adlige Güter. Sitz des Landratsamtes war die Stadt Graudenz (Wikipedia-Eintrag „Grudziądz“).
Der Kreis grenzte im Westen an den Kreis Schwetz, im Norden an den Kreis Marienwerder, im Osten an die Kreise Rosenberg und Löbau sowie im Süden an die Kreise Strasburg – seit 1887 zudem Briesen – und Kulm.
Am 1. Oktober 1887 trat der Kreis einen Teil seines Gebietes an den neuen Kreis Briesen ab.
Eine differenzierte Übersicht über die Städte, Landgemeinden und Gutsbezirke des Kreises bietet der Auszug aus dem „Gemeindelexikon für die Provinz Westpreußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 2. Dezember 1895 und anderer amtlicher Quellen“, Berlin 1898, S. 124–133: Der Kreis Graudenz
Seit dem 1. Januar 1900 bildete die Stadt Gaudenz einen eigenen Stadtkreis. (Sowohl das Rathaus als auch das Landratsamt befanden sich in Graudenz.) Der Kreis Graudenz wurde daraufhin in „Landkreis Graudenz“ umbenannt.
Zwischen 1900 und 1914 schieden die folgenden Gutsbezirke aus dem Landkreis aus und wurden in den Stadtkreis Graudenz eingegliedert:
- der Gutsbezirk Klein Kunterstein (teilweise) aus dem Amtsbezirk Kunterstein am 19. September 1900
- die Gutsbezirke Feste Courbière (teilweise) aus dem Amtsbezirk Feste Courbière und Klein Kunterstein (teilweise) aus dem Amtsbezirk Kunterstein am 17. Februar 1914
Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags mussten der Stadt- und Landkreis Graudenz am 10. Januar 1920 an Polen abgetreten werden. Das Kreisgebiet, aus dem die Gemeinden Klein Thiemau und Buchwalde ausschieden und den Kreisen Rosenberg bzw. Strasburg (Brodnica) zugeordnet wurden, bestand als „Powiat Grudziądzki“ fort.
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung Polens wurde der Landkreis Wąbrzeźno unter seinem früheren deutschen Namen dem Regierungsbezirk Marienwerder eingegliedert, der seinerseits dem am 26. Oktober 1939 eingerichteten „Reichsgau Danzig“ angehörte. Der „Reichsgau“ erhielt kurz danach, am 2. November, seinen endgültigen Namen: „Reichsgau Danzig-Westpreußen“ (Eintrag zum „Reichsgau“ im OME-Lexikon). Auch der Stadtkreis sowie der Landkreis Graudenz wurden zum 26. November 1939 als Reichsgebiet deklariert; und die kreisfreie Stadt Graudenz sowie im Landkreis die Städte Lessen und Rehden wurden der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, die die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst. Gutsbezirke gab es nicht mehr.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Stadt und der Kreis Graudenz im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt und wieder Teil Polens. Soweit die deutschen Einwohner nicht geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit allermeist aus dem Stadtkreis und dem Kreisgebiet vertrieben.
Die verwaltungsgeschichtlichen Veränderungen, die den Kreis bzw. den Stadt- und den Landkreis Graudenz in den verschiedenen historischen Entwicklungsphasen ab 1815 betroffen haben, können im Gesamtzusammenhang mit der unteren Weichsel-Region nachvollzogen werden auf der von Walther Hubatsch entworfenen Karte „Verwaltungseinteilung von Ost- und Westpreußen. 1815–1945“ aus dem Jahre 1975.