Wer in den ver­füg­ba­ren bio­gra­phi­schen und biblio­gra­phi­schen Ver­zeich­nis­sen nach Edu­ard Ebel recher­chiert, wird von einer Viel­zahl von Nen­nun­gen regel­recht über­schwemmt, die sich immer nur auf einen ein­zi­gen Titel bezie­hen :  „Lei­se rie­selt der Schnee“ – in Gedicht­samm­lun­gen, Noten­aus­ga­ben oder CD-​Einspielungen. Für die­sen „Weih­nachts­gruß“ kön­nen dann auch ver­hält­nis­mä­ßig leicht die Quel­le (Gesam­mel­te Gedich­te) und das Jahr der Erst­ver­öf­fent­li­chung (1895) iden­ti­fi­ziert wer­den. Danach lässt sich dann auch ein dif­fe­ren­zier­te­res bio­gra­phi­sches Gerüst ent­de­cken :  Edu­ard Ebel wur­de am 7. August 1839 in Preu­ßisch Star­gard gebo­ren, stu­dier­te Theo­lo­gie in Königs­berg (Preu­ßen) und wur­de dort im Som­mer­se­mes­ter 1857 Mit­glied der Bur­schen­schaft Ger­ma­nia; in den Jah­ren 1863/​64 war er Ober­hel­fer (Pfarr­amts­kan­di­dat) am Rau­hen Haus in Ham­burg und wirk­te spä­ter für meh­re­re Jah­re (von 1866 bis 1869) als Pas­tor an der französisch-​­deutschen evan­ge­li­schen Gemein­de Bei­rut. Danach wur­de er Pfar­rer der evan­ge­li­schen Gemein­de in Grau­denz und ging als evan­ge­li­scher Super­in­ten­dent 1895 nach Hal­le (Saa­le), wo er am 30. Janu­ar 1905 starb.

Bereits die­se eher nüch­ter­nen Daten wecken ein wei­ter­ge­hen­des Inter­es­se an die­sem west­preu­ßi­schen Theo­lo­gen, der als Pfarr­amts­kan­di­dat am Rau­hen Haus mit Johann Hin­rich Wichern (1808–1881) und des­sen Kon­zept zeit­ge­mä­ßer dia­ko­ni­scher Arbeit in engen Kon­takt gekom­men ist, der immer­hin drei Jah­re lang im damals osma­ni­schen Liba­non zuge­bracht hat und sich schließ­lich so weit zu qua­li­fi­zie­ren ver­moch­te, dass er zum Ende sei­ner Lauf­bahn zum Super­in­ten­den­ten beru­fen wur­de. Die zen­tra­len Aspek­te sei­nes Lebens las­sen sich an den wich­tigs­ten der von Ebel ver­öf­fent­lich­ten Schrif­ten genau­er erschließen.

Zum einen hat ihn der Auf­ent­halt im Liba­non, den er im Alter von 27 Jah­ren ken­nen­lern­te, per­sön­lich und in sei­nem Bibel­ver­ständ­nis nach­drück­lich geprägt. Davon zeugt die 1873 in Königs­berg erschie­ne­ne Publi­ka­ti­on Mor­gen­land und hei­li­ge Schrift. In ihr sind zwei Vor­trä­ge zusam­men­ge­fasst, die Ebel 1869 in Königs­berg („In Zel­ten und Hüt­ten des Mor­gen­lan­des“) bzw. 1872 in Dan­zig („Der Tag eines Pro­phe­ten“) gehal­ten hat. Dort bekennt er am Ende des ers­ten Tex­tes :  „Der Ori­ent ist ein Zau­ber­land ;  wer ein­mal sei­nen Boden betre­ten, ist mit tau­send unlös­ba­ren Ban­den an ihn geket­tet und wird die Sehn­sucht nach sei­nen ewi­gen Höhen nicht mehr in die­sem Erden­le­ben los. Wenn nur das Ver­lan­gen nach dem Lan­de des Auf­gangs auch zur nie ver­lö­schen­den Sehn­sucht nach dem wür­de, der dort Mensch gewor­den und des­sen hei­li­ge Wor­te auch das Licht gewe­sen, das uns dies­mal bei Betrach­tung jener Fer­ne geleuch­tet hat“ (S. 27).

Zum andern bleibt Ebel – der sich kir­chen­po­li­tisch als Mit­glied der Posi­ti­ven Uni­on gegen die auf­kom­men­de Libe­ra­le Theo­lo­gie posi­tio­nier­te – zeit­le­bens dem Grund­ge­dan­ken der Dia­ko­nie und mit­hin der Idee der christ­li­chen Barm­her­zig­keit ver­bun­den. In sei­ner Schrift Die sozia­le Fra­ge und das Evan­ge­li­um, die 1892 in Grau­denz ver­legt wur­de, wen­det er sich einer­seits ent­schie­den gegen einen – die Sub­stanz des Chris­ten­tums ver­fäl­schen­den – refor­me­ri­schen Pakt mit der Sozi­al­de­mo­kra­tie, ande­rer­seits pran­gert er aber auch die „Unter­las­sungs­sün­den“ an, „deren sich ins­be­son­de­re die evan­ge­li­sche Kir­che schul­dig gemacht hat“ :  „Im Kamp­fe um die rei­ne Leh­re ver­lor die orga­ni­sier­te Kir­che ihr Dia­dem, die Lie­bes­ar­beit unter den geis­tig und leib­lich Armen“ (S. 21).

Die­se bei­den Fak­to­ren, die Fas­zi­na­ti­on durch den Ori­ent und die lei­ten­de Kraft der Barm­her­zig­keit, spie­geln sich auch in einem klei­nen Bericht über das Weih­nachts­fest 1868 in Bei­rut wider, den Edu­ard Ebel der Johanniter-​Ordens-​Balley Bran­den­burg erstat­tet hat. Zugleich lässt der Autor das Bild einer Welt ent­ste­hen, die uner­schüt­ter­lich von christ­li­cher Glau­bens­ge­wiss­heit geprägt erscheint und in der ein har­mo­ni­sches Mit­ein­an­der von Natio­nen und Kon­fes­sio­nen zumin­dest noch nicht gänz­lich undenk­bar gewor­den ist. Des­halb lohnt es sich gewiss, die­sen Bei­trag auch heu­te ein­mal auf­merk­sam zu lesen.