I. Die Freie Stadt Dan­zig (1920–1939)

II. Die pol­ni­sche Woi­wod­schaft Pom­me­rel­len (1920–1938) bzw. Groß­pom­me­rel­len (1938–1939)

III. Der ost­preu­ßi­sche Regie­rungs­be­zirk „West­preu­ßen“ (1922–1939)

IV. Die Grenz­mark Posen-​Westpreußen (1922–1938)


V. Der „Reichs­gau Danzig-​Westpreußen“ (1939–1945)

I. Die Freie Stadt Danzig (1920–1939)

Die „Vierteilung“ Westpreußens 1919/1920
Über­sicht über die „Vier­tei­lung“ der Pro­vinz West­preu­ßen 1919/​1920 (unter Berück­sich­ti­gung bis 1932 ein­ge­tre­te­ner Modi­fi­ka­tio­nen) – Kar­ten­skiz­ze von Ste­fan Wal­ter (Ber­lin), Rech­te­inha­be­rin: West­preu­ßi­sche Gesellschaft

Auf­grund des Arti­kels 100 und der fol­gen­den Zusatz­ar­ti­kel des Ver­sailler Ver­tra­ges vom 28. Juni 1919 wur­de die Stadt Dan­zig mit einem 1.951 km2 gro­ßen Ter­ri­to­ri­um vom Deut­schen Reich abge­trennt und zu einem Frei­staat erklärt. Der Stadt­kreis Dan­zig und die bei­den (1887 ein­ge­rich­te­ten) Krei­se Dan­zi­ger Höhe und Dan­zi­ger Nie­de­rung wur­den um Bestand­tei­le der ehe­ma­li­gen west­preu­ßi­schen Krei­se Berent, Dir­schau, Kart­haus und Neu­stadt sowie um Bestand­tei­le der öst­li­chen west­preu­ßi­schen Krei­se Elbing-​Land und Mari­en­burg erwei­tert. Zugleich gab der Kreis Dan­zi­ger Nie­de­rung die auf der Fri­schen Neh­rung gele­ge­nen Gemein­den Kahl­berg, Nar­meln, Neu­krug und Vög­lers an den Land­kreis Elb­ing ab.

Die auf­fäl­ligs­ten Kon­se­quen­zen die­ser Gebiets­ver­än­de­run­gen bil­de­ten zwei neu ein­ge­rich­te­te Kreise:

  • der Stadt­kreis Zop­pot (Land­rats­amt dort­selbst) und
  • der Kreis Gro­ßes Wer­der (Land­rats­amt in Tiegenhof).

Die Freie Stadt Dan­zig bestand dar­auf­hin aus den bei­den Stadt­krei­sen Dan­zig und Zop­pot sowie aus den drei Land­krei­sen Dan­zi­ger Höhe, Dan­zi­ger Nie­de­rung und Gro­ßes Werder:

Quel­le: https://​com​mons​.wiki​me​dia​.org/​w​i​k​i​/​F​i​l​e​:​W​M​G​-​p​o​d​z​-​a​d​m​.​png (Bear­bei­tung: Medi­en­ge­stal­tung Kohlhaas)

Die Gebiets­ver­än­de­run­gen, die bei der Grün­dung der Frei­en Stadt Dan­zig vor­ge­nom­men wur­den, las­sen sich an einem Aus­schnitt aus der von Walt­her Hub­atsch ent­wor­fe­nen Kar­te „Ver­wal­tungs­ein­tei­lung von Ost- und West­preu­ßen. 1815–1945“ aus dem Jah­re 1975 genau ver­fol­gen: Die bei­den neu­en Krei­se sowie die Staats­gren­ze sind jeweils in roter Far­be gekennzeichnet.

Wie­der­ga­be mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Herder-​Instituts Marburg

Erreich­bar ist hier auch die his­to­ri­sche Kar­te aus dem Jah­re 1930, die im Maß­stab 1:100.000 einen detail­lier­ten Über­blick über das Gebiet der Frei­en Stadt Dan­zig bietet.

Als Prä­si­den­ten des Senats der Frei­en Stadt Dan­zig amtierten:

1920–1931 – Dr. Hein­rich Sahm
1931–1933 – Dr. Ernst Ziehm (DNVP)
1933–1934 – Dr. Her­mann Rausch­ning (NSDAP)
1934–1939 – Arthur Grei­ser (NSDAP)

II. Die polnische Woiwodschaft Pommerellen (1920–1938) bzw. Großpommerellen (1938–1939)

Die „Vierteilung“ Westpreußens 1919/1920
Über­sicht über die „Vier­tei­lung“ der Pro­vinz West­preu­ßen 1919/​1920 (unter Berück­sich­ti­gung bis 1932 ein­ge­tre­te­ner Modifikationen)

Im Ver­sailler Ver­trag war bestimmt wor­den, dass Krei­se der ehe­ma­li­gen west­preu­ßi­schen Regie­rungs­be­zir­ke Dan­zig und Mari­en­burg sowie (vom Reg.-Bezirk Allen­stein) das Sol­dau­er Gebiet an Polen abge­tre­ten wer­den soll­ten. Die­se Gebie­te bil­de­ten dar­auf­hin den pol­ni­schen “Woje­wództ­wo pomor­skie“ – die Woi­wod­schaft „Pomor­ze“ (Pom­me­rel­len) – mit der Haupt­stadt Toruń (Thorn).

Die am Beginn die­ser Sei­te ein­ge­stell­te Geschichts­kar­te zeigt die davon betrof­fe­nen Krei­se, die in der fol­gen­den, alpha­be­tisch geord­ne­ten Lis­te im Ein­zel­nen auf­ge­führt wer­den. (1920 vor­ge­nom­me­ne Ver­än­de­run­gen von Kreis­gren­zen oder ter­ri­to­ria­le Ver­schie­bun­gen zwi­schen Polen und dem Deut­schen Reich sind jeweils bei den ein­zel­nen Krei­sen [Link zu die­ser Rubrik] verzeichnet.)

Stadtkreise

Gdy­nia (Gdin­gen), 66 km², ab 10. Febru­ar 1926 als kreis­freie Stadt gemein­sam mit den nörd­lich an den Stadt­kreis Zop­pot anschlie­ßen­den Gemein­den aus dem Powi­at Wejhe­row­ski aus­ge­glie­dert; die rapi­de Bevöl­ke­rungs­ent­wick­lung zei­gen die Ver­gleichs­zah­len von 38.600 und 115.000 Ein­woh­nern in den Jah­ren 1931 bzw. 1939

Grud­ziądz (Grau­denz), 28 km² mit 54.000 Einwohnern

Toruń (Thorn), 59 km² mit 61.900 Einwohnern

Landkreise

Powi­at brod­ni­cki, 913 km² mit 56.300 Ein­woh­nern, Sitz: Brod­ni­ca (Stras­burg)

Powi­at cheł­miń­ski, 738 km² mit 52.800 Ein­woh­nern, Sitz: Chełm­no (Kulm)

Powi­at cho­j­ni­cki, 1.854 km² mit 76.900 Ein­woh­nern, Sitz: Cho­j­nice (Konitz)

Powi­at dział­dow­ski, Sitz: Dział­do­wo (Sol­dau), gebil­det aus dem öst­li­chen Teil der Krei­se Stras­burg (Brod­ni­ca) und Löbau (Lubawa) sowie dem west­li­chen Teil des ost­preu­ßi­schen Krei­ses Nei­den­burg (Reg.-Bezirk Allen­stein); wur­de ab 1. April 1938 der Woi­wod­schaft War­schau zugeordnet

Powi­at gniew­ski, Sitz: Gniew (Mewe), 1924 aus den Gemein­den des Krei­ses Mari­en­wer­der gebil­det, die 1920 an Polen gefal­len waren, wur­de zum 1. April 1932 auf­ge­löst; dabei fiel das Kreis­ge­biet größ­ten­teils an den Powi­at Tczew (Dir­schau) sowie den Powi­at Świe­cie (Schwetz)

Powi­at grud­ziądzki, 758 km² mit 42.800 Ein­woh­nern, Sitz: Grud­ziądz (Grau­denz)

Powi­at kar­tu­ski, 1.302 km² mit 68.700 Ein­woh­nern, Sitz: Kar­tu­zy (Kart­haus)

Powi­at kościer­ski, 1.162 km² mit 51.700 Ein­woh­nern, Sitz: Kościer­zy­na (Berent)

Powi­at lubaw­ski, 833 km² mit 53.600 Ein­woh­nern, Sitz: Lubawa (Löbau)

Powi­at mor­ski (See­kreis), 1.281 km² mit 79.900 Ein­woh­nern, Sitz: Gdy­nia (1927–1928), danach (ab 21. März 1928) Wejhe­ro­wo (Neu­stadt i. West­pr.); wur­de am 1. Janu­ar 1927 durch die Zusam­men­le­gung der Krei­se Wejho­ro­wo (Neu­stadt) und Puck (Put­zig) gegründet

Powi­at pucki, Sitz: Puck; wur­de zum 31. Dezem­ber 1926 auf­ge­löst und bil­de­te danach zusam­men mit dem Powi­at wejhe­row­ski den neu­en Powi­at morski

Powi­at sępo­leń­ski, 681 km² mit 31.600 Ein­woh­nern, Sitz: Sepol­no Kra­jens­kie (Zem­pel­burg); ent­stand aus dem öst­li­chen Teil des vor­ma­li­gen west­preu­ßi­schen Krei­ses Fla­tow sowie der – vom Kreis Tuchel über­nom­me­nen – Gemein­de Resmin

Powi­at sta­ro­gardzki, 1.127 km² mit 71.800 Ein­woh­nern, Sitz: Sta­ro­gard gdań­ski (Preu­ßisch Stargard)

Powi­at świecki, 1.533 km² mit 88.000 Ein­woh­nern, Sitz: Świe­cie (Schwetz)

Powi­at tczew­ski, 716 km² mit 67.400 Ein­woh­nern, Sitz: Tczew (Dir­schau)

Powi­at toruń­ski, 864 km² mit 52.300 Ein­woh­nern, Sitz: Toruń (Thorn)

Powi­at tuchol­ski, 1.039 km² mit 41.200 Ein­woh­nern, Sitz: Tucho­la (Tuchel)

Powi­at wąbrze­ski, 673 km² mit 49.900 Ein­woh­nern, Sitz: Wąbrzeź­no (Brie­sen)

Powi­at wejhe­row­ski, 1.281 km² mit 85.400 Ein­woh­nern, Sitz: Wejhe­ro­wo; wur­de zum 31. Dezem­ber 1926 auf­ge­löst und bil­de­te – mit dem Powi­at pucki zusam­men­ge­legt – danach den neu­en Powi­at mor­ski (See­kreis)

Die Geschichts­kar­te gibt über­dies die Krei­se zu erken­nen, die der Woi­wod­schaft Pom­me­rel­len zum 1. April 1938 zuge­ord­net wur­den und durch die das Gebiet des Pol­ni­schen Kor­ri­dors zum „Woje­wództ­wo wielk­po­po­mor­skie“ – zur Woi­wod­schaft Groß­pom­me­rel­len – erwei­tert wur­de. Dabei han­del­te es sich im Ein­zel­nen um die fol­gen­den Stadt- und Landkreise:

Stadtkreise

Bydg­oszcz (Brom­berg), 75 km² mit 117.200 Einwohnern

Inow­ro­cław (Inowrazlaw/​Hohensalza), 37 km² mit 34.400 Einwohnern

Landkreise

Powi­at byd­go­ski, 1.334 km² mit 58.100 Ein­woh­nern, Sitz: Bydg­oszcz (Brom­berg) 

Powi­at inow­ro­cław­ski, 1.267 km² mit 67.500 Ein­woh­nern, Sitz: Inowrazlaw/​Hohensalza)

Powi­at lip­now­ski, 1.535 km² mit 104.500 Ein­woh­nern, Sitz: Lipno

Powi­at nies­zaw­ski, 1.278 km² mit 117.900 Ein­woh­nern, Sitz: Nies­za­wa (Nes­sau); ab 1. April 1932 in Alek­san­drów kujawski

Powi­at rypiń­ski, 1.188 km² mit 84.900 Ein­woh­nern, Sitz: Rypin

Powi­at szu­biń­ski, 917 km² mit 47.800 Ein­woh­nern, Sitz: Szu­bin (Schubin)

Powi­at wyr­zy­ski, 1.101 km² mit 64.900 Ein­woh­nern, Sitz: Wyr­zysk (Wir­sitz)

Powi­at włocław­ski, 1.325 km² mit 147.800 Ein­woh­nern, Sitz: Włocła­wek (Les­lau)

Als Woi­wo­den amtierten:

vom 19. 10. 1919 bis zum 2. 7. 1920: Ste­fan Łaszew­ski
vom 2. 7. 1920 bis zum 24. 3. 1924: Jan Bre­j­ski
vom 24. 10. 1924 bis zum August 1926: Sta­nisław Wacho­wi­ak
vom August 1926 bis zum Okto­ber 1926: Miec­zysław Seyd­litz
vom 12. 10. 1926 bis zum 4. 7. 1928: Kazi­mierz Młod­zia­now­ski
vom 28. 8. 1928 bis zum 18. 11. 1931: Wik­tor Wrona-​Lamot
vom 18. 11. 1931 bis zum 14. 7. 1936: Ste­fan Kir­tik­lis
vom 16. 7. 1936 bis zum 30. 9. 1939: Wła­dysław Raczkiewicz

III. Der ostpreußische Regierungsbezirk „Westpreußen“ (1922–1939)

Die „Vierteilung“ Westpreußens 1919/1920
Über­sicht über die „Vier­tei­lung“ der Pro­vinz West­preu­ßen 1919/​1920 (unter Berück­sich­ti­gung bis 1932 ein­ge­tre­te­ner Modifikationen)

Durch den Ver­sailler Ver­trag vom 28. Juni 1919 wur­de die Exis­tenz der Regie­rungs­be­zir­ke Dan­zig und Mari­en­wer­der beendet.

Öst­lich der Weich­sel blie­ben nach der Ein­rich­tung des pol­ni­schen Kor­ri­dors vom Regie­rungs­be­zirk Mari­en­wer­der der Rest­kreis Mari­en­wer­der (erwei­tert um ein klei­nes Gebiet des Krei­ses Grau­denz), der Kreis Rosen­berg (zu dem aus dem Kreis Grau­denz die Land­ge­mein­de Klein Thie­mau und aus dem Kreis Löbau der Guts­be­zirks Bonin hin­zu­ka­men) sowie der Kreis Stuhm beim Deut­schen Reich. Vom Regie­rungs­be­zirk Dan­zig galt dies für Tei­le der Krei­se Mari­en­burg und Elb­ing sowie für den Stadt­kreis Elb­ing ins­ge­samt. Vom Kreis Dan­zi­ger Nie­de­rung über­nahm der Land­kreis Elb­ing zudem neben den auf der Fri­schen Neh­rung gele­ge­nen Gemein­den Kahl­berg, Nar­meln, Neu­krug und Vög­lers, über deren wei­te­ren Ver­bleib bereits in Ver­sailles ent­schie­den wor­den war, zum 24. Dezem­ber 1920 auch noch die Land­ge­mein­de Pröbbernau.

Nach­dem das „Abstim­mungs­ge­biet Mari­en­wer­der“ (die Krei­se Mari­en­burg, Mari­en­wer­der, Stuhm und Rosen­berg) seit dem 16. August 1920 nicht mehr der „Inter­al­li­ier­ten Kom­mis­si­on für Regie­rung und Volks­ab­stim­mung“ unter­stellt war, setz­ten Bemü­hun­gen ein, aus den Rest­be­stän­den der bei­den Regie­rungs­be­zir­ke eine kohä­ren­te und lebens­fä­hi­ge Ver­wal­tungs­ein­heit – und damit einen neu­en „Regie­rungs­be­zirk Mari­en­wer­der“ – zu bil­den. Die­ser Regie­rungs­be­zirk wur­de – rück­wir­kend zum 1. Juli – am 21. Juli 1922 durch das „Gesetz über die Neu­ord­nung der Kom­mu­na­len Ver­fas­sung und Ver­wal­tung in der Ost­mark“ ein­ge­rich­tet. Er wur­de der Pro­vinz Ost­preu­ßen ange­glie­dert, führ­te den Namen „Regie­rungs­be­zirk West­preu­ßen“ und hat­te sei­nen Sitz in Mari­en­wer­der. Er umfass­te – wie die am Beginn der Sei­te ein­ge­stell­te Geschichts­kar­te zeigt – die Krei­se Elbing-​Stadt und ‑Land, Mari­en­burg, Mari­en­wer­der, Rosen­berg i. West­pr. und Stuhm.

Als Regie­rungs­prä­si­den­ten amtierten:

1920–1922 – Theo­dor Chris­ti­an Trau­gott Graf v. Bau­dis­sin
1923–1925 – Dr. Roland Hein­rich Wil­helm Brau­wei­ler
1926–1936 – Dr. Karl Johann Fer­di­nand Bud­ding
1936–1939 – Otto von Keudell

IV. Die Grenzmark Posen-​Westpreußen (1922–1938)

Die „Vierteilung“ Westpreußens 1919/1920
Über­sicht über die „Vier­tei­lung“ der Pro­vinz West­preu­ßen 1919/​1920 (unter Berück­sich­ti­gung bis 1932 ein­ge­tre­te­ner Modifikationen)

Die west­lich der Weich­sel lie­gen­den Krei­se der Pro­vinz West­preu­ßen – Deutsch Kro­ne, Schloch­au und (nun­mehr auf sei­nen west­li­chen Teil beschränkt) Fla­tow – sowie Gebiets­tei­le der Pro­vinz Posen – zu ihnen gehör­ten neben dem Stadt­kreis Schnei­de­mühl Frag­men­te der Krei­se Bomst, Czar­nik­au, Fileh­ne, Frau­stadt, Kol­mar i. Posen, Mese­ritz und Schwe­rin (Warthe) – waren nach den Bestim­mun­gen des Ver­sailler Ver­trags nicht an Polen abge­tre­ten wor­den, son­dern beim Deut­schen Reich geblie­ben. Sie alle wur­den im Novem­ber 1919 zunächst zum preu­ßi­schen Ver­wal­tungs­be­zirk „Grenz­mark Westpreußen-​Posen“ zusam­men­ge­fasst, für den eine Regie­rungs­stel­le in Schnei­de­mühl ein­ge­rich­tet wur­de. Schon weni­ge Mona­te zuvor, seit August 1919, waren die Bruch­stü­cke der Krei­se Czar­nik­au, Fileh­ne und Kol­mar i. Posen gemein­sam von Schönlan­ke aus ver­wal­tet wor­den; und dar­aus ent­stand zum 15. Dezem­ber des­sel­ben Jah­res nun offi­zi­ell als grö­ße­re Ein­heit der Netzekreis:

Quel­len­an­ga­be: Lukas Götz, Ver­wal­tungs­glie­de­rung der preu­ßi­schen Pro­vinz Grenz­mark Posen-​Westpreußen im Bereich der ehe­ma­li­gen Pro­vinz Posen; Lage des Land­krei­ses Net­ze­kreis (Aus­schnitt). – Ver­füg­bar unter: https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​N​e​t​z​e​k​r​e​i​s​#​/​m​e​d​i​a​/​D​a​t​e​i​:​P​r​o​v​i​n​c​e​_​G​r​e​n​z​m​a​r​k​_​d​i​v​i​s​i​o​n​s​_​N​e​t​z​e​k​r​e​i​s​.​svg

Der Net­ze­kreis schloss sei­ner­seits nach Süden hin bruch­los an den Kreis Deutsch Kro­ne (sowie den Stadt­kreis Schnei­de­mühl) an, so dass sich aus dem nörd­li­chen Rest­be­stand der Pro­vinz Posen ein schma­ler Strei­fen ergab, der sich zwi­schen der frü­he­ren Pro­vinz­gren­ze und der neu gezo­ge­nen Staats­gren­ze erstreck­te. Die­se Erwei­te­rung des west­preu­ßi­schen Gebiets und des Stadt­krei­ses Schnei­de­mühl bis zum nörd­li­chen Netze-​Ufer gibt die ein­gangs der Sei­te gezeig­te Geschichts­kar­te zu erkennen.

Im Janu­ar 1921 erhielt der Ver­wal­tungs­be­zirk Grenz­mark Westpreußen-​Posen den Namen „Grenz­mark Posen-​Westpreußen“; und – rück­wir­kend zum 1. Juli 1922 – wur­den am 21. Juli 1922 durch das „Gesetz über die Neu­ord­nung der Kom­mu­na­len Ver­fas­sung und Ver­wal­tung in der Ost­mark“ die drei von­ein­an­der getrenn­ten Gebiets­tei­le, die ent­lang der deutsch-​polnischen Gren­ze auf­ge­reiht waren, in den Rang einer preu­ßi­schen Pro­vinz glei­chen Namens erhoben. 

Quel­len­an­ga­be: Ver­füg­bar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Grenzmark_Posen-Westpreu%C3%9Fen#/media/Datei:Grenzmark_PW.png

Schnei­de­mühl wur­de damit zum Sitz eines Ober­prä­si­den­ten, der, nach­dem zum 1. August der Regie­rungs­be­zirk Schnei­de­mühl gebil­det wor­den war, zugleich als Regie­rungs­prä­si­dent fun­gier­te, denn das Ter­ri­to­ri­um der gesam­ten Pro­vinz war mit dem­je­ni­gen des einen Regie­rungs­be­zirk identisch.

Das Kon­strukt der „Grenz­mark“, der kleins­ten – und zudem rela­tiv dünn besie­del­ten – Pro­vinz des preu­ßi­schen Staa­tes, resul­tier­te weni­ger aus dem Bemü­hen, einen funk­ti­ons­tüch­ti­gen, wirt­schaft­lich pro­spe­rie­ren­den kohä­ren­ten Raum zu schaf­fen, son­dern viel­mehr aus einer Sym­bol­po­li­tik, die vor allem demons­trie­ren woll­te, dass frü­he­re Herr­schafts­an­sprü­che und Macht­po­si­tio­nen kei­nes­falls preis­ge­ge­ben wür­den. In die­ser Rich­tung woll­te auch der auf­wän­di­ge Aus­bau der Klein­stadt Schnei­de­mühl zu einer reprä­sen­ta­ti­ven Pro­vinz­haupt­stadt wir­ken, durch den, nach­dem Städ­te wie Dan­zig, Brom­berg, Posen und Thorn ver­lo­ren­ge­gan­gen waren, zugleich ein neu­es deut­sches Kul­tur­zen­trum im Osten geschaf­fen wer­den sollte.

Nach nur zehn Jah­ren änder­ten sich die Ziel­set­zun­gen aller­dings. Die Eigen­stän­dig­keit der Pro­vinz rück­te aus dem Zen­trum der Inter­es­sen, weil sich nach dem „Preu­ßen­schlag“ vom Juli 1932 und erst recht nach der soge­nann­ten Macht­er­grei­fung durch die Natio­nal­so­zia­lis­ten im Janu­ar 1933 Herr­schafts­struk­tu­ren ver­scho­ben und die Ver­wal­tun­gen in etli­chen Regio­nen neu orga­ni­siert wur­den. Nach­dem Hans von Mei­bom, der Anfang 1933 das Amt des Regie­rungs­prä­si­den­ten von Fried­rich von Bülow über­nom­men hat­te, im März des­sel­ben Jah­res, nach der Reichs­tags­wahl und dem Sieg der NSDAP, zurück­ge­tre­ten war, wur­de Wil­helm Kube, der Ober­prä­si­dent der Pro­vinz Bran­den­burg, zugleich Ober­prä­si­dent der Grenz­mark. Kube war bereits seit 1928 Bran­den­bur­ger Gau­lei­ter gewe­sen; nun wur­de sein Gau gleich 1933 mit dem­je­ni­gen der Grenz­mark ver­ei­nigt, und nur ein Jahr spä­ter wur­de die Schnei­de­müh­ler Pro­vinz­ad­mi­nis­tra­ti­on dem Ober­prä­si­di­um von Bran­den­burg unter­stellt. Schließ­lich über­nahm der Regie­rungs­prä­si­dent von Frank­furt (Oder) ab 1937 sogar die Zustän­dig­keit für die Ver­wal­tung insgesamt.

Die­se Ten­denz voll­ende­te sich dar­in, dass die Bruch­stü­cke, die die Grenz­mark Posen-​Westpreußen gebil­det hat­ten, im März 1938 mit einem Gesetz zur Gebiets­be­rei­ni­gung in den öst­li­chen Pro­vin­zen den jewei­li­gen Nach­barn zuge­ord­net wur­den: Die Krei­se Schwe­rin (Warthe), Mese­ritz und der nörd­li­che Teil des zeit­gleich auf­ge­lös­ten Krei­ses Bomst wur­de an den bran­den­bur­gi­schen Regie­rungs­be­zirk Frank­furt (Oder) und der süd­li­che Teil des Krei­ses Bomst und der Kreis Frau­stadt an den schle­si­schen Regie­rungs­be­zirk Lie­gnitz angeschlossen.

Der nörd­li­che Kom­plex mit den frü­her west­preu­ßi­schen Krei­sen Deutsch Kro­ne, Fla­tow und Schloch­au sowie der Net­ze­kreis und der Stadt­kreis Schnei­de­mühl soll­te sei­ner­seits zu einer grö­ße­ren Ein­heit erwei­tert wer­den, und zwar durch die Ver­bin­dung mit den neu­mär­ki­schen Krei­sen Frie­de­berg (Nm.), Arns­wal­de und Sol­din sowie den pom­mer­schen Krei­sen Dram­burg und Neu­stet­tin, und als der­art neu kon­sti­tu­ier­ter „Regie­rungs­be­zirk Grenz­mark Posen-​Westpreußen“ in die Pro­vinz Bran­den­burg inte­griert wer­den. Kurz vor dem Inkraft­tre­ten des Geset­zes zur Gebiets­be­rei­ni­gung am 1. Okto­ber 1938 führ­te ein Ände­rungs­ge­setz vom 2. Sep­tem­ber dann aber kurz­fris­tig dazu, dass der Regie­rungs­be­zirk – nun jedoch ohne den Kreis Sol­din – letzt­lich an die Pro­vinz Pom­mern kam. Dar­aus ergab sich die fol­gen­de For­ma­ti­on des neu­en pom­mer­schen Regierungsbezirks:

Regierungsbezierk Grenzmark Posen-Westpreußen
Ver­füg­bar unter: www​.ter​ri​to​ri​al​.de, Wie­der­ga­be mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors Rolf Jehke

Dass der Regie­rungs­be­zirk wei­ter­hin den Namen „Grenz­mark Posen-​Westpreußen“ erhielt, erscheint vor dem Hin­ter­grund der tief­grei­fen­den Ver­än­de­run­gen im Gesamt­ar­ran­ge­ment und in der Zuord­nung des Gebie­tes kaum mehr als eine nost­al­gi­sche Ges­te gewe­sen zu sein. Des­halb ist es nur fol­ge­rich­tig, dass bei den Plan­spie­len, die dem Ent­ste­hen des Reichs­gaus Danzig-​Westpreußen (im Herbst 1939) vor­aus­gin­gen, nicht mehr ernst­haft ins Kal­kül gezo­gen wur­de, neben der Frei­en Stadt Dan­zig, der pol­ni­schen Woi­wod­schaft Pom­me­rel­len und dem öst­lich gele­ge­nen Regie­rungs­be­zirk West­preu­ßen auch auf den west­li­chen, nun zu Pom­mern gehö­ri­gen Teil der frü­he­ren Pro­vinz als vier­ten Bau­stein für die­se restau­ra­ti­ve Ein­heit zurückzugreifen.

Als Ober­prä­si­den­ten amtierten:

1922–1933: Fried­rich von Bülow (DVP)
1933: Hans von Mei­bom (DNVP)
1933–1936: Wil­helm Kube (NSDAP) (als Ober­prä­si­dent von Bran­den­burg kom­miss.)
1936–1938: Emil Stürtz (NSDAP) (eben­falls in Personalunion)


V. Der „Reichsgau Danzig-​Westpreußen“ (1939–1945)

Die „Vierteilung“ Westpreußens 1919/1920

Die Geschichts­kar­te, die die vier Berei­che der ter­ri­to­ria­len Neu­ord­nung ab 1920 ver­an­schau­licht, kann auch für die Zeit von 1939 bis 1945 noch ein­mal her­an­ge­zo­gen wer­den, und zwar als Aus­gangs­punkt eines Ver­gleichs mit der Kon­stel­la­ti­on, die kurz nach dem Beginn des Zwei­ten Welt­krie­ges geschaf­fen wor­den ist:

Der Reichsgau Danzig-Westpreußen
Der Reichs­gau Danzig-​Westpreußen (Kar­ten­skiz­ze von Ste­fan Wal­ter, Ber­lin – Rech­te­inha­be­rin: West­preu­ßi­sche Gesellschaft)

Einem von Staats­gren­zen durch­zo­ge­nen und in klei­ne Ein­hei­ten zer­glie­der­ten Gebiet auf der Kar­te von 1920 steht ein kohä­ren­tes und geschlos­se­nes Gebil­de gegen­über, das sich ledig­lich durch unauf­fäl­li­ge Provinz- bzw. Gau­gren­zen von den Nachbar-​Regionen abhebt. Bevor die Ein­heit­lich­keit und leich­te Über­schau­bar­keit des Raums aller­dings als vor­teil­haft ein­ge­schätzt wird, soll­ten die Beob­ach­te­rin­nen und Beob­ach­ter beden­ken, dass bei­de nur durch eine staat­li­che Macht ent­ste­hen konn­ten, die mit bru­ta­ler mili­tä­ri­scher Gewalt und jen­seits gel­ten­der Rechts­nor­men agier­te und sich legi­ti­miert sah, Ver­trä­ge zu bre­chen und sich über legi­ti­me Ansprü­che ande­rer Völ­ker hinwegzusetzen.

Unter die­ser Vor­aus­set­zung frei­lich konn­te es gesche­hen, dass das Groß­deut­sche Reich direkt zu Beginn des Zwei­ten Welt­krie­ges die Freie Stadt Dan­zig in sein Gebiet ein­glie­der­te und unmit­tel­bar nach der Erobe­rung des Weichsel-​Korridors Mit­te Sep­tem­ber 1939 einen „Mili­tär­be­zirk West­preu­ßen“ errich­te­te, der den pol­ni­schen Woje­wództ­wo Wiel­ko­po­mor­skie (Woi­wod­schaft Groß­pom­me­rel­len) im Süden bis an die Net­ze her­an ein­schloss und sich kei­nes­wegs auf Gebie­te beschränk­te, die vor 1920 zum Deut­schen Reich gehört hat­ten. Viel­mehr wur­den auch die – nun in Lei­pe und Rip­pin umbe­nann­ten – Krei­se Lip­no und Ryp­in mit über­nom­men, die bis zum Ver­sailler Ver­trag zum Rus­si­schen Zaren­reich und danach bis zum 1. April 1938 zur Woi­wod­schaft War­schau gehört hat­ten. Zum Chef der Zivil­ver­wal­tung im Mili­tär­be­zirk West­preu­ßen und spä­ter­hin – mit der Schaf­fung des Reichs­gaus im Okto­ber 1939 – zum „Reichs­statt­hal­ter“ wur­de der Dan­zi­ger Gau­lei­ter Albert Fors­ter ernannt. Er för­der­te mas­siv eine „Volks­tums­po­li­tik“, die vor umfang­rei­chen Mas­sa­kern nicht zurück­schreck­te. Sie betra­fen in hohem Maße die pol­ni­sche Zivil­be­völ­ke­rung, und dabei vor­nehm­lich die Eli­ten – die­ses Mord­pro­gramm trug den zyni­schen Titel „Intel­li­genz­ak­ti­on“ –, und wur­den auch von Mit­glie­dern des para­mi­li­tä­ri­schen „Volks­deut­schen Selbst­schut­zes“ began­gen. Dar­über hin­aus boten Ver­trei­bun­gen, Depor­ta­tio­nen, Inhaf­tie­run­gen (z. B. im bei Dan­zig gele­ge­nen KZ Stutt­hof) oder Kam­pa­gnen zur Ein­deut­schung der Bevöl­ke­rung Instru­men­te jener Poli­tik, die letzt­lich dar­auf abziel­te, die Regi­on „polen­frei“ zu machen.

Der „Mili­tär­be­zirk West­preu­ßen“ wur­de am 26. Okto­ber 1939 mit dem Gebiet der ehe­mals „Frei­en“ Stadt Dan­zig und dem ost­preu­ßi­schen Regie­rungs­be­zirk West­preu­ßen zum neu geschaf­fe­nen „Reichs­gau West­preu­ßen“ zusam­men­ge­fasst. Dadurch ent­stand aller­dings kei­ne neue preu­ßi­sche Pro­vinz; viel­mehr wur­de die Regi­on als „Reichs­gau“ direkt in das Deut­sche Reich ein­ge­glie­dert. Die pol­ni­schen Gebie­te des Reichs­gaus wur­den damit annek­tiert. Am 2. Novem­ber schließ­lich wur­de der end­gül­ti­ge Name „Reichs­gau Danzig-​Westpreußen“ festgelegt.

Die Betrach­tung der Kar­ten­skiz­ze gibt im Ver­gleich mit den Kon­tu­ren der frü­he­ren Pro­vinz fol­gen­de Spe­zi­fi­ka zu erkennen:

  • Die frü­he­ren west­preu­ßi­schen, inzwi­schen zu Pom­mern – und mit­hin zum Reichs­ge­biet – gehö­ren­den Krei­se Schloch­au, Fla­tow und Deutsch Kro­ne blie­ben von Vorn­her­ein unberücksichtigt.
  • Das Gebiet, das ehe­mals die Pro­vinz West­preu­ßen gebil­det hat­te, wur­de durch den Stadt- und Land­kreis Brom­berg sowie um den Land­kreis Wir­sitz (mit dem Land­rats­amt in Wir­sitz) erwei­tert. Dabei wur­de Brom­berg zugleich Sitz des neu ein­ge­rich­te­ten Regie­rungs­be­zirks glei­chen Namens.
  • Zudem kamen inner­halb des Regie­rungs­be­zirks Mari­en­wer­der die bei­den Krei­se Rip­pin (Ryp­in) und Lei­pe (Lip­no) hinzu.
  • Da die wei­te­re Zuge­hö­rig­keit des (1919/​1920 geteil­ten) Krei­ses Fla­tow zu Pom­mern außer Fra­ge stand, wur­de der aus dem öst­li­chen Kreis­ge­biet gewon­ne­ne Powi­at sępo­leń­ski unver­än­dert aus der Woi­wod­schaft Groß­pom­me­rel­len in den Regie­rungs­be­zirk Brom­berg über­nom­men und bil­de­te dort nun den Land­kreis Zem­pel­burg (mit dem Land­rats­amt in Zempelburg).

Schließ­lich wurden

  • der Stadt­kreis Gdy­nia (Gdin­gen), der 1926 inner­halb der Woi­wod­schaft Pom­me­rel­len ein­ge­rich­tet wor­den war, in den Reichs­gau über­nom­men und dort – umbe­nannt – als Stadt­kreis Goten­ha­fen wei­ter­ge­führt und
  • der Land­kreis Löbau – dem lang­jäh­ri­gen Sitz sei­ner Ver­wal­tung gemäß – 1940 in „Land­kreis Neu­mark“ umbe­nannt.

Die Über­sichts­kar­te über den Reichs­gau könn­te den Ein­druck erwe­cken, dass hier trotz der erläu­ter­ten, nicht uner­heb­li­chen Abwei­chun­gen noch ein­mal die ehe­ma­li­ge Pro­vinz West­preu­ßen „wie­der­erstan­den“ sei. Dabei dürf­te dann aller­dings nicht über­se­hen wer­den, dass die Anne­xi­on des Korridor-​Gebietes völ­ker­rechts­wid­rig war und juris­tisch als „von Beginn an unwirk­sam“ zu betrach­ten ist. Die­ser Zusam­men­hang spie­gelt sich nicht zuletzt auch in der außen­po­li­ti­schen Pra­xis der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wider, die bis zum War­schau­er Ver­trag 1970 bzw. bis zum deutsch-​polnischen Grenz­ver­trag 1990 die staat­li­che Zuge­hö­rig­keit Ost­deutsch­lands zum deut­schen Staats­ge­biet nie­mals in Fra­ge zog, auf ande­re Gebie­te, die wie der Weichsel-​Korridor erst nach 1937 über­nom­men bzw. erober­ten wur­den aber, und zwar im strik­ten Gegen­satz zur Repu­blik von Wei­mar, kei­ne ter­ri­to­ria­len Ansprü­che mehr erhob.