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Kreis Thorn (Reg.-Bezirk Marienwerder)
Bei der Einrichtung des Stadtkreises Thorn am 1. April 1900 wurde der Kreis zugleich in „Landkreis Thorn“ umbenannt.
Das nördliche Kreisgebiet kam durch die erste Teilung Polens 1772 an Preußen; die Stadt Thorn mit ihren Nachbarorten folgte 1793 im Rahmen der zweiten Teilung Polens. Dabei war das Kreisgebiet zunächst Teil des Kreises Culm.
In der Napoleonischen Zeit ab 1807 dem Herzogtum Warschau zugeordnet, erhielt Preußen den Kreis im Zuge des Wiener Kongresses wieder zurück. Durch die preußische Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und ihre Ausführungsbestimmungen kam das Gebiet zum neuen Regierungsbezirk Marienwerder der Provinz Westpreußen. Im Rahmen einer umfassenden Kreisreform wurde zum 1. April 1818 der neue Kreis Thorn gebildet. Dieser umfasste die Städte Culmsee, Kowalewo bzw. Schönsee, Podgorz und Thorn, die Domänenämter Brzezinko und Culmsee, das Amt Dybow sowie 67 adlige Güter. Sitz des Landratsamtes war die Stadt Thorn (Wikipedia-Eintrag „Toruń“).
Der Kreis grenzte nur im Norden und Nordosten an westpreußisches Gebiet, und zwar an die Kreise Kulm und Strasburg bzw. – ab 1887 – Briesen. Im Südwesten grenzte der Kreis an die Kreise Bromberg und Hohensalza (Provinz Posen), im Südosten grenzte er an Kongresspolen, das zum Russischen Kaiserreich gehörte.
Am 1. Oktober 1887 trat der Kreis einen Teil seines Gebietes, einschließlich der Stadt Schönsee, an den neuen Kreis Briesen ab.
Am 19. Oktober 1888 wurde ein Gebietstausch zwischen den Gutsbezirken Zajonskowo im Kreis Thorn und Wenzlau im Kreis Kulm vollzogen.
Eine differenzierte Übersicht über die Städte, Landgemeinden und Gutsbezirke des Kreises bietet der Auszug aus dem „Gemeindelexikon für die Provinz Westpreußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 2. Dezember 1895 und anderer amtlicher Quellen“, Berlin 1898, S. 46–55: Der Kreis Thorn
Am 11. Dezember 1895 sowie am 2. Februar 1897 beschloss der Kreisausschuss des Kreises Thorn, dass von der Ortschaft Weichselthal im Landkreis Bromberg (Reg.-Bez. Bromberg) ein Gebietsteil mit dem Gemeindebezirk Amthal und ein weiterer Gebietsteil mit dem Gemeindebezirk Groß Bösendorf, beide im Kreis Thorn, vereinigt werden.
Am 16. Dezember 1896 wurde ein Gebietsteil des Gutsbezirks Richnau im Kreis Briesen mit dem Gutsbezirk Gronowo im Kreis Thorn vereinigt.
Am 24. März 1897 wurde ein Gebietsteil des Gemeindebezirks Schloßhauland im Landkreis Bromberg (Reg.-Bez. Bromberg) in den Gemeindebezirk Scharnau im Kreis Thorn eingegliedert.
Am 20. November 1897 wurde ein Gebietsteils von der Ortschaft Weichselthal im Landkreis Bromberg (Reg.-Bez. Bromberg) abgetrennt und mit dem Gemeindebezirk Groß Bösendorf im Kreis Thorn vereinigt.
Seit dem 1. April 1900 bildete die Stadt Thorn einen eigenen Stadtkreis (Sowohl das Rathaus als auch das Landratsamt befanden sich in Thorn.). Der Kreis Thorn wurde daraufhin in „Landkreis Thorn“ umbenannt.
Am 27. Dezember 1905 wurden Gebietsteile des Gemeindebezirks Otteraue und des Stadtbezirks Schulitz, beide im Landkreis Bromberg (Reg.-Bez. Bromberg) in der Provinz Posen, mit dem Gemeindebezirk Schirnau im Landkreis Thorn vereinigt.
Zwischen 1906 und 1910 schieden die folgenden Landgemeinden und Gutsbezirke aus dem Landkreis aus und wurden in den Stadtkreis Thorn eingegliedert:
- die Landgemeinde Mocker sowie der Gutsbezirk Weißhof, beide aus dem Amtsbezirk Mocker, am 1. April 1906
- die Landgemeinde Schönwalde (teilweise) aus dem Amtsbezirk Schönwalde am 25. Mai 1909
- die Landgemeinde Alt Thorn (teilweise) und der Gutsbezirks Wiesenburg (teilweise) aus dem Amtsbezirk Gurske, die Landgemeinde Groß Nessau (teilweise) aus dem Amtsbezirk Groß Nessau sowie der Gutsbezirk Ollek (teilweise) aus dem Amtsbezirk Schönwalde am 22. Juni 1909
- die Landgemeinde Schönwalde (teilweise) aus dem Amtsbezirk Schönwalde am 15. Februar 1910
- die Landgemeinde Korzeniec aus dem Amtsbezirk Gurske am 20. Dezember 1910
Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags mussten der Stadt- und Landkreis Thorn am 10. Januar 1920 an Polen abgetreten werden. Der Kreisgebiet, bei dem einige Gemeinden an seiner Nordgrenze gegen südliche des Kreises Kulm getauscht wurden, bestand als „Powiat Toruński“ fort.
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung Polens wurde der Landkreis Toruń unter seinem früheren deutschen Namen dem neu eingerichteten „Regierungsbezirk Bromberg“ eingegliedert, der seinerseits dem am 26. Oktober 1939 eingerichteten „Reichsgau Danzig“ angehörte. Der „Reichsgau“ erhielt kurz danach, am 2. November, seinen endgültigen Namen: „Reichsgau Danzig-Westpreußen“ (Eintrag zum „Reichsgau“ im OME-Lexikon). Auch der Stadtkreis sowie der Landkreis Thorn wurden zum 26. November 1939 als Reichsgebiet deklariert; und die kreisfreie Stadt Thorn sowie im Landkreis die Städte Culmsee und Podgorz wurden der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, die die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst. Gutsbezirke gab es nicht mehr.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Stadt und der Kreis Thorn im Frühjahr 1945 von der Roten Armeebesetzt und wieder Teil Polens. Soweit die deutschen Einwohner nicht geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit allermeist aus dem Stadtkreis und dem Kreisgebiet vertrieben.
Die verwaltungsgeschichtlichen Veränderungen, die den Kreis bzw. den Stadt- und den Landkreis Thorn in den verschiedenen historischen Entwicklungsphasen ab 1815 betroffen haben, können im Gesamtzusammenhang mit der unteren Weichsel-Region nachvollzogen werden auf der von Walther Hubatsch entworfenen Karte „Verwaltungseinteilung von Ost- und Westpreußen. 1815–1945“ aus dem Jahre 1975.