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Westpreußen-Kalender 2022

Titelblatt: Blick vom gegenüberliegenden Weichsel-Ufer auf die Wehrspeicher von Graudenz, die in der Bildmitte von der Pfarrkirche St. Nikolai und (links davon) vom Turm des ehemaligen Jesuitenkollegs und jetzigen Rathauses überragt werden. Im linken Bilddrittel erhebt sich der vor einigen Jahren wiedererrichtete Bergfried der früheren Deutschordensburg. (Foto: BE &W agencja fotograficzna / Alamy Stock Photo)
Bildauswahl: Ursula Enke
Texte: Erik Fischer
Übersetzung ins Polnische: Joanna Szkolnicka
Grafik: Mediengestaltung Kohlhaas, Bonn
Herausgeberin: Westpreußische Gesellschaft
Mühlendamm 1 • 48167 Münster-Wolbeck

DER WESTPREUSSEN-KALENDER 2022
Danzig und das Land an der unteren Weichsel – mit den UNESCO-Welterbestätten Marienburg und Thorn – bilden höchst beliebte Reiseziele. Besucher stoßen dann rasch darauf, dass dieses Land auch mit der deutschen Geschichte verbunden ist, bis 1920 „Westpreußen“ hieß und für Deutsche wie Polen wichtige Erinnerungsorte umfasst : Hier befand sich beispielsweise im Mittelalter das Kerngebiet des vom Deutschen Orden beherrschten Territoriums, und gerade hier musste das Deutsche Reich nach dem Ersten Weltkrieg einschneidende Gebietsverluste hinnehmen.
In der Gegenwart kennzeichnet „Westpreußen“ eine vielfältige europäische Kulturregion, die zu individuellen Entdeckungen einlädt, bildet zudem eine Erinnerungslandschaft für Menschen, die aus dieser Region stammen, und ist inzwischen auch zu einer historischen Kategorie geworden, die den heutigen Bewohnern bei ihrer Beschäftigung mit dem kulturellen Erbe und der gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte einen wichtigen Orientierungsraum eröffnet.

Das Hafenstädtchen Tolkemit, Kr. Elbing
Die kleine Hafenstadt Tolkemit, die auf unserem Foto aus dem winterlichen Frühnebel auftaucht, liegt, angeschmiegt an die Hänge der Elbinger Höhe, am Frischen Haff. Sie wurde Ende des 13. Jahrhunderts vom Deutschen Orden an der Stelle einer alten Prußenburg gegründet und erhielt 1351 das Stadtrecht. Aus dieser frühen Zeit stammt die katholische Pfarrkirche St. Jakobus, die 1376 geweiht wurde und, zumal nach baulichen Erweiterungen im Jahre 1900, das Stadtbild dominiert. Die kleine, nördlich davon gelegene, ehemals evangelische Kirche „zum Kripplein Christi“, die aufgrund der ostwestlichen Blickrichtung der Aufnahme rechts von St. Jakobus zu erkennen ist, wurde hingegen erst 1887 errichtet.
Die Dynamik der Gründerzeit begünstigte im späten 19. Jahrhundert die wirtschaftliche Entwicklung. 1883 wurde die Anlage des künstlichen Hafens fertiggestellt, 1898 erhielt der Ort einen eigenen Bahnhof der Haffuferbahn. Neben dem Fischfang florierten nun auch der Frachtverkehr sowie der Tourismus, insbesondere durch die Schiffsverbindung zum beliebten Seebad Kahlberg auf der Frischen Nehrung. Späterhin trugen auch Handwerksbetriebe und Fabriken zum wirtschaftlichen Erfolg bei.
Die Entfaltung der aufstrebenden Kommune wurde 1945 jäh abgebrochen – und es brauchte in diesem Falle mehr als sechs Jahrzehnte, bis sich wieder positive Kräfte regten. Inzwischen aber mehren sich ermutigende Anzeichen einer Konsolidierung und Gesundung ; und es wurden bereits zukunftsweisende öffentliche Investitionen getätigt.

Die Schwente bei Leske, Kr. Marienburg
Zwei Kilometer südlich der kleinen Stadt Neuteich und nahe dem Dorf Leske schaut unser Fotograf dem Lauf eines sich sanft durch verschneite Auen schlängelnden Flüsschens entgegen ; erst weiter zum Nordosten hin wird die Schwente beschiffbar sein – heute für Hausboote und Wassersportler, im 19. Jahrhundert für den Handel etwa von Getreide oder Zucker – und wird sodann, in Tiege umbenannt, hinter Fischerbabke in die Elbinger Weichsel münden.
Das Landschaftsbild des Marienburger Werders wird wesentlich durch seinen reichen Bestand an Weiden geprägt und übt zu jeder Jahreszeit – wie auch an diesem trüberen Februartag – einen ihr eigenen Reiz aus. Von solchen Impressionen beseelt, richtet der Danziger Schriftsteller Johannes Trojan (1837–1915) sein mehrstrophiges Gedicht an Die Kopfweide und beginnt mit dem hymnischen Bekenntnis : „Du, des Ufers Schutz und Zier, / Gerne ruht mein Blick auf Dir, / An dem Bach, am Wiesensaum, / Gar bescheidner Weidenbaum.“
Hellsichtig preist der Poet neben allen Schönheiten auch die mannigfaltige Nützlichkeit dieses Gehölzes – darunter seine besonderen Eigenschaften, die sich auch heutzutage noch Ingenieurbiologen zu Nutze mache : die Fähigkeiten des Weidenbaumes, durch sein breites dichtes Wurzelwerk gefährdetes Erdreich zu festigen und derart der Erosion vorzubeugen, nicht nur Feuchtigkeit zu lieben, sondern sogar häufigen Überschwemmungen standzuhalten und nicht zuletzt den bitterkalten Wintern im Land an der unteren Weichsel trotzen zu können.

Danzig
Der weit gefasste Titel dieses Kalenderblattes mag überraschen, denn auf den ersten Blick nehmen die Betrachter einzelne Architekturpartien wahr, die sich bestenfalls verschiedenen Danziger Bauwerken zuordnen lassen. Dieser fragmentarische Eindruck gestattet es aber auch nicht, in üblicher Weise die gezeigten Objekte zu identifizieren – oder wäre es passender gewesen, für diese Aufnahme die Überschrift „Der Lange Markt mit dem Artushof sowie die Marienkirche in Danzig“ zu wählen?
Die Formulierung des Titels wird plausibler, wenn statt der konkreten Gegenstände das Deutungsangebot des Bildes in den Fokus rückt. Der kleine Ausschnitt, der vom Artushof sichtbar wird, steht exemplarisch für dessen vielbewunderte manieristische Fassade, aber auch die beiden reich verzierten Blendgiebel wollen den Eindruck von Reichtum und Überfluss erwecken, und die Dekorelemente, die wie die Pilaster oder der Zierobelisk die Vertikale betonen, verstärken das Machtvoll-Himmelstrebende der schlanken Türme von St. Marien, so dass sich als durchaus kohärentes Ganzes letztlich ein Sinn-Bild von „Danzig“ ergibt.
Dass unser Foto solch eine plastische Vorstellung der Stadt entstehen lässt, setzt freilich einen Fotografen voraus, der aus den Fragmenten eine auch ästhetisch schlüssige Einheit formt, indem er bei der Aufnahme einen erhöhten Standpunkt einnimmt, ein Teleobjektiv benutzt und nicht zuletzt eine Perspektive entdeckt, aus der die drei Türme harmonisch in das Bildgefüge integriert erscheinen.

Die Ruine von Schloss Finckenstein, heute Kr. Deutsch Eylau
Jeden Besucher dürfte die Ruine des Barockschlosses Finckenstein, das in der zweiten Hälfte der 1710er Jahre entstanden ist, als Mahnmal der Vergänglichkeit und als Sinnbild für die verheerenden Kräfte des Krieges beeindrucken. Zugleich erscheint das Ganze aber auch in eigentümlicher Weise „intakt“ zu sein. Der Baukörper ist noch vollständig zu erkennen und wirkt fast wie ein planvoll entkernter Komplex, dessen Wiedererrichtung keineswegs ausgeschlossen wäre.
Dass der Gedanke an eine Rekonstruktion tatsächlich aufkommen könnte, hängt mit einer Episode der europäischen – genauer : der französisch-polnischen – Geschichte zusammen, in der dieses Schloss große Bedeutung gewonnen hat : Im Vierten Koalitionskrieg hatte Napoleon hier vom 1. April bis zum 6. Juni des Jahres 1807, worauf die Tafel am Torpfosten eigens hinweist, sein Hauptquartier eingerichtet – und erlebte in dieser Zeit zudem die intensivste Phase seiner Liebesbeziehung mit der jungen polnischen Gräfin Maria Walewska.
Aus dieser Konstellation speisen sich denkmalpflegerische Initiativen französischer Stiftungen, aber auch in Polen hat Schloss Finckenstein mittlerweile eine erhebliche Publizität gewonnen. Nicht zuletzt kommen hier jährlich ganze Hundertschaften von Enthusiasten der Living History zusammen, um in historischen Uniformen zu paradieren und die Ankunft des Kaisers lebendig werden zu lassen. Warum sollte ein Schloss, das eine perfekte Kulisse für dieses Spektakel bietet, nicht gleich vollständig wiedererstehen ?

Die Mündung der Piasnitz in die Ostsee, Kr. Putzig
Der Tag neigt sich dem Abend zu, und letzte Sonnenstrahlen lassen den Sand am Ufer der Piasnitz erglühen. Der Wolkenhimmel spiegelt sich im ruhigen Wasser des Flusses, der – gespeist aus kaschubischen Waldseen nördlich von Neustadt – seinen etwa 28 km langen Weg durch Moorlandschaften sowie den großen Zarnowitzer See bis hin zur Mündung ins Meer sucht. Nach der letzten Biegung erreicht er nun die Wellen der Ostsee, die sich ihm sacht entgegenkräuseln ; ein Baumstamm bleibt als Zeugnis der Reise zurück.
In dieser friedlichen Stimmung kündet nichts von jener legendenumwobenen Katastrophe, die sich im Jahre 1785 nur eine halbe Seemeile entfernt bei einem der berüchtigten Herbststürme ereignete und der das stolze britische Handelsschiff General Carleton of Whitby zum Opfer fiel. Erst in den 1990er Jahren entdeckt und erforscht, sind Fundstücke heute im Nationalen Maritimen Museum zu Danzig ausgestellt, während der Schiffrumpf selbst auf dem Meeresgrund der natürlichen Konservierung durch Versandung überlassen bleibt.
Die Piasnitz, die vor 1920 die Grenze zwischen den Provinzen Pommern und Westpreußen, danach – bis 1939 – jene zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Polen gebildet hat, ist heute touristisch für Kanusportler erschlossen, und ihr Mündungsbereich erfreut sich bei Strandurlaubern großer Beliebtheit. Sie werden, dessen darf sich der Betrachter des Bildes sicher sein, diesen jetzt stillen Ort am nächsten Morgen wieder mit fröhlich-quirligem Leben erfüllen.

Der Marktplatz von Dirschau
Als Namensgeberin der „Dirschauer Brücke“ genießt die Stadt allgemeine Bekanntheit, denn jene 1857 eröffnete Brücke, durch die die Vision der Preußischen Ostbahn erst vollständig Wirklichkeit werden konnte, wird zu Recht bis heute als technische Pionierleistung gerühmt.
Die schon im 12. Jahrhundert gegründete Stadt darf aber auch jenseits ihres technik- und verkehrsgeschichtlichen Renommees Aufmerksamkeit beanspruchen : sei es aufgrund des avancierten Kunst- und Kulturzentrums oder zweier sehenswerter Dependancen des Nationalen Maritimen Museums Danzig, sei es aufgrund ihrer beiden gotischen Baudenkmäler, der Pfarrkirche zum Hl. Kreuz oder der ehemaligen Klosterkirche der Dominikaner, deren schlanker achteckiger Turm in der Bildmitte unseres Fotos zu sehen ist.
Hinzu kommt freilich auch der Marktplatz, der in den letzten Jahren neugestaltet wurde. Ihn säumen restaurierte Bürgerhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert, deren Repräsentativität die Aufnahme durch die Untersicht eigens akzentuiert. Dabei wird die ansprechende Atmosphäre des öffentlichen Raums nicht nur durch Pflanzen und Ruhebänke, sondern auch durch muntere Wasserspiele sowie auf hohen Sockeln aufgestellte Statuen geschaffen. Sie sind ihrerseits den Allegorien der vier Jahreszeiten nachgebildet, die die Fassade des Hauses auf der rechten Seite krönen. Das Haus linker Hand, vor dem die Personifikation des Sommers steht, ist ebenfalls hervorzuheben, denn dort wurde der Naturwissenschaftler und Welterkunder Johann Reinhold Forster (1729–1798) geboren.

Das Gebäude der Hauptpost von Thorn
Die Thorner Hauptpost, die neben der Heilig-Geist-Kirche die Westseite des Altstädtischen Markts begrenzt, rückt hier aus einer nicht alltäglichen Perspektive in den Blick, denn auf diese Weise lässt sie sich nur betrachten, wenn sie vom Turm des Rathauses aus durch ein Teleobjektiv fotografiert wird. Dass dabei zugleich die Rückseite des Wimpergs sowie dessen flankierende Fialen, die am Rathaus den Mittelrisaliten der Westfassade bekrönen, prägnant sichtbar werden, erhöht sicherlich noch die Originalität dieser Aufnahme.
Von 1881 bis 1884 entstand das prächtige, 1891 nochmals erweiterte Gebäude, das zum einen die ständig wachsende Nachfrage nach Postdiensten befriedigen konnte und auf die Anforderungen, die aus den technischen Innovationen der Kommunikationsmittel resultierten, zugeschnitten war. Zum anderen entsprach es der Idee der „Postpaläste“, die unter dem Generalpostmeister Heinrich von Stephan entstanden, um die „Reichspost“, die nach der Reichsgründung einzige fast landesweit präsente Verwaltung, als staatspolitisch integrierende Kraft zu etablieren.
Der renommierte Architekt des aufwändigen Thorner Zweckbaus, Johannes Otzen, folgte den Vorstellungen der Neuromanik, während sich Ferdinand von Quast, auf den der 1869 errichtete Risalit an der Westseite des Rathauses zurückgeht, an der Neugotik orientierte. Dadurch erscheinen diese beiden stilistischen Grundkräfte des Historismus auf unserer Aufnahme nun ebenso spannungsvoll wie harmonisch miteinander verbunden.

Die St. Stanislaus-Kirche von Schwetz
Ebenso wie Bücher haben oft auch Fotografien ihre eigene Geschichte. Die hier zu erzählende handelt von einem Reisenden, der in der Weichselniederung zufällig eine prächtig illuminierte gotische Kirche entdeckt : Ohne irgendeinen baulichen Kontext wirkt sie auf ihn wie eine strahlende surreale Erscheinung, und das Bild erinnert ihn in seiner Sinnoffenheit an ein Gemälde von Caspar David Friedrich.
Bald lässt sich in Erfahrung bringen, dass die ständig von Überschwemmungen bedrohte Stadt Schwetz nach dem Hochwasser des Jahres 1858 an eine erhöhte Lage verlegt wurde und am früheren Ort nur noch die im 14. und 15. Jahrhundert errichtete Pfarrkirche St. Stanislaus sowie die benachbarte Ruine des Deutschordensschlosses von einer bis dahin 500 Jahre währenden Phase der Stadtgeschichte kündeten.
Nun bemüht sich der Reisende als routinierter Fotograf, seine Impressionen festzuhalten. Dazu beobachtet er zu verschiedenen Tageszeiten das Changieren der Helligkeits- und Farbwerte und wählt eine Perspektive, aus der das Traumhaft-Visionäre der einsamen Kirche in der Weite der Landschaft eingefangen wird und sich zugleich das Bauwerk in seiner Staffelung vom gerade geschlossenen Chor und der angefügten Sakristei über das Langhaus bis zum quadratischen Turm mit den beiden geschweiften Giebeln optimal überblicken lässt. So entsteht eine ganze Foto-Serie, die, von Kommentaren begleitet, im Internet veröffentlicht ist – und aus der am Ende dieser Geschichte unsere Aufnahme schließlich ausgewählt wurde.

Die Stadt Kulm
Schon seit den 1990er Jahren wirbt Kulm, in dessen Mauern eine Reliquie des Hl. Valentin aufbewahrt wird, als „Stadt der Verliebten“ um Touristen ; allerdings verlohnt Kulm auch jenseits der jährlichen Festveranstaltungen um den 14. Februar – und auch gänzlich unabhängig von der individuellen Gefühlslage – einen ausführlichen Besuch.
Unser Schrägbild, das nach Osten hin – in Richtung Rehden – aufgenommen wurde, gibt einen trefflichen Eindruck von dem bis heute erhaltenen mittelalterlichen Stadtbild und dem Reichtum an Baudenkmälern der frühen Backsteingotik, der im Ordensland nur mit demjenigen von Thorn vergleichbar ist. Dazu gehören beispielsweise das ehemalige Zisterzienserinnen-Kloster, das sich im Vordergrund unmittelbar an der Stadtmauer entlangzieht, die oberhalb davon sichtbare frühere Klosterkirche des Franziskaner-Ordens oder die von dort wiederum rechter Hand gelegene Pfarrkirche St. Marien.
Überdies gibt die Aufnahme die weitgehende Geschlossenheit des zum Teil auch noch turmbewehrten Mauer-Rings zu erkennen. Die Weiträumigkeit der von ihm umgebenen Stadtanlage macht anschaulich, dass die frühere Hanse-Stadt Kulm mit ihren 15.000 Einwohnern bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts zu den großen Städten des Mittelalters gehörte. Danach begann ein mehr als drei Jahrhunderte währender Niedergang ; und trotz der nachfolgenden Erholung wird die damalige Einwohnerzahl von der heutigen in kaum nennenswerter Höhe überschritten – im Blick auf den Denkmalschutz ließe sich ergänzen : zum Glück !

Das „Gutshaus unter den Linden“ in Rahmel, Kr. Neustadt
Wenige Kilometer nordwestlich von Gdingen liegt Rahmel, das urkundlich schon Anfang des 13. Jahrhunderts als Besitztum des Klosters Oliva Erwähnung gefunden hat – und inzwischen als Mittelstadt mit den jeweils direkt anschließenden Ortschaften Rheda und Neustadt zur „kleinen kaschubischen Dreistadt“ zusammengewachsen ist. Im dortigen Stadtpark zieht das „Gutshaus unter den Linden“ die Blicke der Spaziergänger auf sich und lädt sie sogar zum Besuch des Gebäudes ein ; denn es beherbergt das Kulturhaus der Kommune.
Auf dem Gelände befand sich bereits früh eine Wasserschmiede ; und eine Schmiede blieb an diesem Ort über lange Zeit bestehen. Erst 1887 rückte an ihre Stelle eine Holzwerkstatt, die der letzte Besitzer vor dem Kriegsende, Richard Kusche, zur Produktion von Streichhölzern nutzte. Nach 1945 übernahm schließlich eine Genossenschaft die Fabrikgebäude und richtete dort eine Metzgerei und verschiedene Lagerstätten ein.
Nach der Wende von 1989/90 erwiesen sich diese Unternehmen allerdings als unrentabel ; und das Herrenhaus, das die damaligen Besitzer, eine Familie Hildebrandt, vor der Mitte des 19. Jahrhunderts hatten errichten lassen und das zu einem Verwaltungsgebäude umgebaut worden war, fand nun als Baudenkmal der Stadtgeschichte große Wertschätzung : Es wurde vollständig renoviert, erhielt dabei sein ursprüngliches Aussehen zurück und gewann durch die Anlage des umliegenden Parks so viel Attraktivität, dass es nun sogar als idyllisches Motiv eines Monatskalenders geeignet erscheint.

Die Stadt Konitz
Der nach Norden gerichtete Blick bestätigt, dass die Aufnahme eines abendlich angestrahlten Ortskerns einen ganz eigenen Reiz ausübt. Die Gebäude gewinnen unabhängig von ihrer jeweiligen Fassadengestaltung eine wohltuende Einheitlichkeit. Zudem bringt die Beleuchtung gleichermaßen die harmonische Geschlossenheit des Marktplatzes wie die trutzig-machtvolle Gedrungenheit der um die Mitte des 14. Jahrhunderts errichteten Pfarrkirche St. Johannis Enthauptung zur Geltung. Dahinter liegen die ehemalige Jesuitenkirche aus dem frühen 18. Jahrhundert und das direkt anschließende – schon seit 1773 schulischen Zwecken dienende – Konventsgebäude, die das Gesamtensemble des historischen Zentrums abrunden.
Außer den beiden Kirchen vermag die strahlende Altstadt von Konitz noch nicht auf eine längere Geschichte zurückzublicken. Die ökonomische und soziale Entwicklung der Kommune hat erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eingesetzt. Ab 1890 wurden, mit dem Markplatz beginnend, die wichtigsten Straßen gepflastert, die angrenzenden alten Häuser machten größeren und moderneren Gebäuden Platz, und 1901 / 02 entstand schließlich im damals zeitgemäßen neogotischen Stil das markante Stadthaus.
Im Hintergrund wird der weitere städtische Lebensraum mit dem Villenviertel und den Wohnsiedlungen sichtbar. Dazu gehört prominent das Stadion des 1930 gegründeten, national durchaus erfolgreichen Fußballclubs, dessen Flutlichtanlage einen eigenwilligen Kontrast zum Glanz der Altstadt bildet.

An der Mühleninsel in der Danziger Altstadt
Das soll Danzig sein ? Wer sich von dieser anheimelnden, beinahe dörflich anmutenden Fachwerk-Idylle in den Bann ziehen lässt, könnte dies mit Recht fragen. Vergessen sind die geschäftige Betriebsamkeit und all das Lärmen während der letzten Tage des ausklingenden Jahres. Wie verzaubert liegt der Ort unter einer zarten Schneedecke, und da selbst der Verkehr auf der quer verlaufenden Straße ruht, scheint nichts diese Stille stören zu können.
Diese Stimmung lässt sich mit der Fotokamera einfangen, wenn die im Radaune-Kanal liegende Mühleninsel von der Hevelius-Grünanlage aus nach Osten hin ins Blickfeld genommen wird. Gemeinhin wird die beschauliche Insel in der Altstadt mit dem ebenfalls in Fachwerk errichteten Zunfthaus der Müller assoziiert, das auf der Südspitze, an der Gabelung des Gewässers, steht und dort ein äußerst beliebtes Foto-Sujet bildet.
Die hier gewählte Ansicht vermag damit aber gewiss zu konkurrieren ; denn sie bietet nicht nur ein höchst pittoreskes Motiv, sondern integriert auch die benachbarten Baudenkmäler organisch in das Gesamtbild. Dies gilt auf der rechten Seite für die Große Mühle und die dahinter auftauchende Sakristei der Katharinenkirche gleichwie im mittleren Hintergrund für die Brigittenkirche : Von ihr ist neben den erleuchteten Fassaden des Chors und des südlichen Seitenschiffes zudem das nördliche Seitenschiff sichtbar – und es scheint geradezu, als würde die Glockenhaube ihres Turms mit dem Dach des Gebäudes im Vordergrund verschmelzen.
Die polnischen Text finden sich hier.