Familienforschung
- Einführung
- Quellensituation
- Hinweise und Tipps
- Vereine für Familienforschung
- Mailinglisten und Foren
- Sperrfristen für Archivgut
Einführung
Die Familienforschung oder Genealogie erlebt seit vielen Jahren eine Renaissance. Die Suche nach den eigenen familiären Wurzeln gibt dabei vielen Menschen in dieser schnelllebigen Zeit ein Gefühl von Beständigkeit; und nicht selten finden sie dadurch auch ein wachsendes Interesse an der Geschichte im Allgemeinen.
Durch die stetig wachsenden Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten im Internet hat sich die Familienforschung insbesondere in den letzten Jahren sehr vereinfacht.
Für das Forschungsgebiet Westpreußen – wie auch für die übrigen ehemaligen deutschen Ostgebiete – sind durch die Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ viele Archive im vereinten Deutschland sowie in Polen sehr viel leichter zugänglich geworden. Heute werden alle Interessentinnen und Interessenten feststellen, dass durch die digitale Bereitstellung von Kirchenbüchern, Standesamtsunterlagen und sonstigen genealogischen Quellen gute Möglichkeiten bestehen, die eigenen familiären Wurzeln zu erforschen.
Gleichzeitig kann die Familienforschung dazu beitragen, Einblicke in die kulturelle, sprachliche und konfessionelle Vielfalt von Westpreußen während der letzten Jahrhunderte zu vermitteln.
Quellensituation
Auch wenn durch die Folgen des Zweiten Weltkrieges viele genealogische Quellen verlorengegangen sind, bietet Westpreußen z.B. im Hinblick auf evangelische Kirchenbücher eine viel bessere Quellenlage als z.B. Schlesien oder Pommern. Dies liegt daran, dass von kirchlicher Seite 1944 bereits viele Kirchenbücher aus den damaligen Gebieten Danzig-Westpreußen und Ostpreußen vor der herannahenden Roten Armee in die Mitte Deutschlands verlagert wurden. Die westlichen Kreise des ehemaligen Westpreußen, d.h. Deutsch Krone, Flatow und Schlochau, die seit 1938 zu Pommern gehörten, blieben dabei außen vor. Die dortigen Kirchenbücher sind leider überwiegend in den Wirren des Jahres 1945 zerstört worden.
Hinweise und Tipps
Doch wie fängt man an besten an? Wer noch keine Erfahrung in der Familienforschung hat, sollte zunächst nach Unterlagen in der Familie suchen, nach Familienstammbüchern, Urkunden, Aufzeichnungen und Fotos. Dazu sollten noch lebende Verwandte befragt und die Gelegenheit genutzt werden, die mündlichen Überlieferungen der Älteren schriftlich festzuhalten.
Von zentraler Bedeutung ist die gemeinsame Feststellung, in welchem Ort sowie Kreis die Vorfahren genau gelebt haben; denn dadurch können anschließend noch existierende genealogische Quellen ermittelt werden. Bereits bekannte Geburts‑, Heirats- und Sterbedaten sollten aufgeschrieben und noch vorhandene Urkunden möglichst digital gesichert werden. In jedem Falle ist es notwendig, die Konfession der einzelnen Vorfahren zu notieren.
Sind diese Recherchen innerhalb der Familie abgeschlossen, lässt sich ein kleiner Stammbaum oder eine Ahnenliste anfertigen. Um dabei den Überblick zu behalten, sollte dabei das bewährte Nummerierungssystem von Kekule angewendet werden.
Im nächsten Schritt können weitere Informationen aus dem Internet bzw. archivalischen Quellen herangezogen werden.
Die bedeutsamsten Quellen für die Familienforschung sind dabei die Kirchenbücher, worin sich die Tauf‑, Heirats- und Beerdigungsdaten finden lassen. Die westpreußischen Kirchenbücher reichen dabei, wenn man Glück hat, bis ins 17. Jahrhundert zurück.
Für Westpreußen ist es wichtig zu wissen, dass die evangelische Bevölkerung, zu der vorwiegend die deutschsprachige Bevölkerung gehörte, auf Grund restriktiver polnischer Vorschriften gezwungen war, vor der ersten polnischen Teilung (im Jahre 1772) ihre kirchlichen Handlungen (Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen) von polnischen Geistlichen vornehmen zu lassen. Daher sind vor diesem Jahr – und je nach Region zuweilen auch noch Jahrzehnte später – die Daten der evangelischen Bewohner allermeist in den katholischen Kirchenbüchern zu finden. Davon ausgenommen waren lediglich die Einwohner der großen (und auch einiger kleinerer) Städte.
Die Landbevölkerung hingegen war – bis auf wenige von evangelischen Adeligen unterstützte Kirchengemeinden – gezwungen, die katholischen Kirchen aufzusuchen. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass es sich bei den Pastören um auswärtige Polen handelte, die der deutschen Sprache nicht mächtig waren und auch die multikulturellen Besonderheiten des Landes nicht kannten. Am augenscheinlichsten wird dies durch die polnischen Schreibweisen der deutschen Namen. So wurde in den Kirchenbüchern. z.B. aus einem Schmidt, ein Szmid und aus einem Krönke ein Krenky.
Personenstandsregister wurden in Preußen insgesamt erst seit dem 01.10.1874 angelegt.
Ihre Aufgabe war es, eine konfessionsunabhängige, staatlich kontrollierte Personenstandsdokumentation zu erstellen. Dazu zählen Geburtsregister, Heiratsregister und Sterberegister, die vom Standesbeamten in vorgedruckten Büchern handschriftlich geführt wurden. Man unterscheidet dabei zwischen Hauptregistern (Erstregistern), welche von den Standesämtern angelegt wurden und Nebenregistern (Zweitregister/Abschriften) welche von den Aufsichtsbehörden geführt wurden. Am Rand der Personenstandsregister können nachträglich eingefügte Notizen zu weiteren Ereignissen aus dem Leben des Kindes, des Ehepaares oder des Verstorbenen vermerkt sein. In den o. g. Hauptregistern lassen sich zudem die Originalunterschriften der Beteiligten wie z.B. der Anzeigenden oder der Brautleute finden!
Die für die Wohnorte der Vorfahren zuständigen Kirchengemeinden bzw. Standesämter lassen sich über die herausragende private Internetseite „Familienforschung in Westpreußen“ von Hans-Jürgen Wolf ermitteln: Diese Seite ist äußerst hilfreich, denn hier sind so gut wie alle westpreußischen Orte mit ihren im Laufe der Zeit variierenden deutschen und polnischen Ortsnamen, akribisch verzeichnet. Ferner finden sich zu den Orten auch weiterführende Links zu Archiven, genealogisch relevanten Quellen und Digitalisaten sowie zu Karten- und Literaturquellen. Die etwas versteckte Ortsdatenbank mit den verknüpften Links findet sich hier.
Auf der Internetseite befindet sich zudem eine Personendatenbank, die die westpreußischen Landkreise Briesen, Graudenz und Strasburg umfasst.Als weitere Hilfe für den praxisgerechten Einstieg in die Familienforschung ist das über 190 Seiten starke „Sonderheft ‚Familienforschung‘“ des Vereins für Computergenealogie e.V. (CompGen) zu empfehlen.
Vereine für Familienforschung
Auf den Internetseiten der nachfolgenden Vereine werden auch ohne Mitgliedschaft viele Informationen kostenfrei gegeben.
Der Verein für Computergenealogie bietet darüber hinaus auf seiner Website eine Vielzahl an Informationen an, die den Bereich von Westpreußen und die Nachbarregionen umfassen. Hier wird u.a. auch über Software für die Familienforschung sowie die neuesten Entwicklungen in der computergestützten Familienforschung – wie z.B. über Datenbanken und digitalen Forschungsquellen – berichtet. Viele genealogische Fragen kann zudem das Informationsportal GenWiki beantworten.
Von den genealogischen Vereinen, die Westpreußen besondere Aufmerksamkeit schenken, ist der 1925 in Königsberg (Preußen) gegründete Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e.V. (VFFOW) die erste Adresse. Neben seiner in den letzten Jahren stark verbesserten Internetpräsenz werden auch viele Forschungsergebnisse und ‑hinweise sowie genealogische Bücher zu Quellen und zur Regional- und Lokalgeschichte veröffentlicht.
Unabhängig, doch eng verbunden mit vielen Mitgliedern des VFFOW, ist das Allensteiner Indexierungsprojekt. Hier werden digitalisierte Standesamtsregister aus Ost- und Westpreußen durch Indexierung über eine Namens-Datenbank erschlossen.
Für Forschungen in den westpreußischen Kreisen Deutsch Krone, Flatow und Schlochau, die, wie schon gesagt, 1938 zu Pommern kamen, ist der im Jahre 2000 in Greifswald gegründete Verein Pommerscher Greif e.V. eine sehr gute Hilfe: Mit seiner Personendatenbank „GreifX“ bietet dieser Verein auch Suchmöglichkeiten in den indexierten Kirchenbüchern und Personenstandsregistern der ursprünglich westpreußischen Kreise an:.
Die Arbeitsgemeinschaft Ostdeutscher Familienforscher (AGoFF) wurde 1927 in Breslau gegründet und beschäftigt sich mit Familienforschung in den ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten in Mittel‑, Ost- und Südosteuropa. Sie besitzt u.a. auch eine „Forschungsstelle Ost- und Westpreußen“. Der polnische Familienforschungsverein Pomorskie Towarzystwo Genealogiczne (PTG) wurde 2011 gegründet. Er nennt sich auf seiner wahlweise in deutscher Sprache angebotenen Internetseite auch „Verein für Familienforschung in Westpreußen“. Sein Forschungsgebiet deckt im Wesentlichen den Bereich der heutigen Wojewodschaft Pomorze und einen Teil der Wojewodschaft Kujawien-Pommern ab. Das ist der Bereich vom früheren Hinterpommern bis zur Weichsel. In Zusammenarbeit auch mit deutschen Familienforschern werden die genealogischen Quellen vornehmlich aus den Staatsarchiven in Danzig und Köslin und dem Diözesan-Archiv in Pelplin indexiert. Diese können kostenfrei in der Namens-Datenbank „PomGenDatei“ nach Taufen, Eheschließungen und Bestattungen durchsucht werden.
Mailinglisten und Foren
Mailinglisten und Foren dienen dem Austausch von Familienforschern mit gleichen Forschungsinteressen. Auch Neulinge finden hier schnell Anschluss und Hilfe von erfahrenen Familienforschern. Man unterscheidet dabei zwischen geschlossenen Mailinglisten, die z.B. nur Mitglieder von Vereinen wie dem VFFOW oder der AGoFF zugänglich sind, und offenen, vereinsunabhängigen Mailinglisten.
Auf der Plattform des Vereins für Computergenealogie finden sich u.a. zwei unabhängige Mailinglisten, die sich mit Westpreußen beschäftigen:
- ow-preussen‑l (für die Familienforschung in Ost- und Westpreußen)
- Berent (für den westpreußischen Kreis Berent und seine Nachbarkreise).
Hinzu kommen andere offene Mailinglisten wie z.B. dna-genealogie‑l, die die DNA-Genealogie zum Thema hat.Das vielbesuchte Forum Danzig von Wolfgang Naujocks bietet u.a. auch Austauschmöglichkeiten zu Fragen der Familienforschung in Danzig und Umgebung.
Sperrfristen für Archivgut
Zu guter Letzt: Personenbezogene Daten unterliegen aus Datenschutzgründen gewissen Sperrfristen für die Benutzung. Die Regelungen sind allerdings in Deutschland und Polen unterschiedlich.
Die nicht mehr den Sperrfristen unterliegenden Personenstandsunterlagen werden in Deutschland in der Regel an die Kommunalarchive abgegeben, während die Kirchenbücher an die entsprechenden kirchlichen Archive gehen. In Polen geschieht dies entsprechend an die Staatsarchive bzw. für kath. Kirchenbücher an die Diözesanarchive.
Für staatliche Archive bestehen eigene Sperrfristen.
Deutschland:
Sperrfristen gem. Personenstandsgesetz (PStG) (seit 01.01.2009):
Geburtsregister: 110 Jahre, Heiratsregister: 80 Jahre, Sterberegister: 30 Jahre.
Urkunden dürfen nur den Berechtigten (z.B. Nachkommen in direkter Linie) zur Verfügung gestellt oder können gemäß § 62 Abs. 3 PStG 30 Jahre nach dem Tode bei berechtigtem Interesse (wie bei der Familienforschung oder wissenschaftlichen Fragestellungen) eingesehen werden.
Die Benutzungsbeschränkungen in den bereits erwähnten Bundesarchiven sind hier nachzulesen: https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Benutzen/Hilfe/Benutzungseinschraenkungen/benutzungseinschraenkungen.html
Polen:
Sperrfristen für polnische Personenstandsregister (seit 01.03.2015):
Geburtsregister: 100 Jahre, Heiratsregister: 80 Jahre, Sterberegister: 80 Jahre.
- Internetquellen
- Archive mit Kirchenbüchern und Personenstandsregistern
- Kontributionskataster und andere staatliche Quellen
- Militärische Dokumente
- Flucht und Vertreibung, Lastenausgleich und NS-Diktatur
- Einwanderung und Auswanderung
Internetquellen
Die westpreußischen Kirchenbücher und Personenstandsregister sind leider auf viele Archive in Deutschland und Polen verteilt. Genaue Angaben hierzu vermittelt die bereits vorgestellte Internetseite Familienforschung in Westpreußen.
Glücklicherweise sind bereits viele Quellen online verfügbar und damit bequem von Zuhause aus einsehbar. Die folgende Darstellung beginnt daher mit den Internetquellen. Nur wenn die gesuchten Unterlagen dort noch nicht zur Verfügung stehen, wird sich ein Archivbesuch nicht vermeiden lassen. Informationen zu den Archiven folgen daher im Anschluss.
Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, auch als „Mormonen“ bezeichnet, bietet aus religiösen Gründen Familienforschungsmöglichkeiten an. Nach der Lehre ihrer Kirche können Mormonen ihren nicht mormonisch getauften Vorfahren durch die „Taufe für Verstorbene“ die Möglichkeit des ewigen Lebens gewähren. Dafür müssen deren genaue Namen sowie die Geburts- und Sterbedaten ermittelt werden.
Viele in der Vergangenheit mikroverfilmten Kirchenbücher, Personenstandsregister und sonstigen genealogischen Quellen werden digitalisiert und über die Online-Plattform FamilySearch kostenlos veröffentlicht. Hier ist ein Download von Scans wie z.B. einzelnen Kirchenbuchseiten möglich.
Die private Seite von Steffen Olschner fs.webosi.net zeigt an, welche Informationen zu Westpreußen und anderen Regionen auf familysearch.org online recherchiert werden können.
Die teilweise nicht frei zugänglichen digitalisierten Mikrofilme können in ihren deutschlandweit und international vorhandenen genealogischen Forschungszentren eingesehen werden. Diese stehen für jedermann offen! Die früher vorherrschenden Mikrofilmlesegeräte wurden durch Computerterminals abgelöst und bieten Zugang zu einer fast grenzenlosen Anzahl von genealogischen Quellen.
Ancestry ist die weltweit größte Online-Plattform für Ahnenforschung. Mitglieder haben digitalen Zugriff auf historische Urkunden, die auch heruntergeladen werden können. Es besteht die Möglichkeit der Stammbaumerstellung und der Verknüpfung mit Urkunden. Durch Indexierungen können die Sammlungen teilweise auf Namen durchsucht werden.
Diese kostenpflichtige Seite bietet gerade in der überregionalen Recherche manchmal erstaunliche Treffer. Z.B. wenn Kinder westpreußischer Eltern in Standesamtsunterlagen von Berlin oder US-Volkszählungslisten auftauchen.
Die regionale Zuordnung der Kirchenbücher ist allerdings oft fehlerhaft. Auch sind die zum Teil umfangreichen Stammbäume mit Vorsicht zu genießen, da nicht selten Daten zusammenkopiert wurden, ohne dass die Quellen eingesehen worden wären. Trotzdem lohnt es sich unbedingt, hier einmal hineinzuschauen.
Das Angebot von autosomalen DNA-Tests und eine Plattform zum DNA-Vergleich runden das Angebot von „Ancestry“ ab.
Weitere kostenpflichtige Online-Plattformen mit einem ähnlichen, aber nicht ganz so umfangreichen Angebot, sind beispielsweise MyHeritage und Geneanet.
Archion ist ein gemeinschaftliches Projekt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Mehrheit der evangelischen Landeskirchen. Auch staatlichen, kommunalen und weiteren kirchlichen Archiven wie z.B. demjenigen der Mennoniten steht „Archion“ offen. Kostenpflichtig angeboten werden digitalisierte evangelische Kirchenbücher aus ganz Deutschland. Hinzu kommen Kirchenbücher aus den ehemaligen Ostgebieten, deren Originale im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin (EZAB) verwahrt werden. Für Westpreußen sind bereits rund drei Viertel der Kirchenbücher des EZAB online. Ein Download von Kirchenbuchseiten ist möglich.
Es werden verschiedene Zeitpass-Einheiten angeboten, wobei das Bestandsangebot auch ohne Zeitpass durchsucht werden kann. Zum kostenlosen Kennenlernen des Portals sind exemplarisch die Kirchenbücher von Hildrizhausen in Württemberg freigegeben.
Erfreulicherweise gibt es mittlerweile auch einige polnische Online-Portale, die Scans von katholischen und evangelischen Kirchenbüchern, Personenstandsregistern sowie anderer genealogischer Quellen kostenlos ins Internet stellen.
Für Teile von Westpreußen geschieht dies – neben den weiter unten genannten Staatsarchiven – über eine Seite der polnischen genealogischen Vereine Genealogia Polska (GENPOL).
Das Online-Portal Metryki.GenBaza beinhaltet u.a. Scans für das nördliche Westpreußen und Hinterpommern aus den Staatsarchiven Danzig (Gdańsk) und Köslin (Koszalin). Einzelne Scans können kostenfrei heruntergeladen werden. Eine Anleitung für die nicht ganz einfache Anmeldung ist hier zu finden. Eine Namens-Suche in den indexierten westpreußischen Quellen lässt sich auf den Seiten des bereits vorgestellten polnischen Familienforschungsvereins PTG durchführen.
Archive mit Kirchenbüchern und Personenstandsregistern
Die westpreußischen Kirchenbücher, Personenstandsregister und sonstigen genealogischen Quellen sind auf viele Archive in Deutschland und Polen verteilt. Dank der zunehmenden Digitalisierung wird in Zukunft die Notwendigkeit des persönlichen Besuchs weiter abnehmen. Hiermit können die dortigen Lesesäle entlastet sowie viel Zeit gespart werden.
Das Evangelische Zentralarchiv Berlin (EZAB) war früher einmal eine wichtige Adresse für die westpreußische Familienforschung, wo es schwierig war einen Leseplatz zu bekommen. Heute verlagert sich die Suche zunehmend auf die bereits vorgestellte Online-Plattform Archion, wo mittlerweile die überwiegende Mehrzahl der Kirchenbücher aus den ehemaligen Ostgebieten und Westpreußen eingesehen werden kann.
Bischöfliches Zentralarchiv, Regensburg: Angeboten werden Mikrofiches der kath. Kirchenbücher aus West- und Ostpreußen und weiteren ehemalig deutschen Gebieten. Die dort früher vorhandenen Originalkirchenbücher (3469 Bände) wurden an die zuständigen Diözesanarchive in Polen abgegeben. Ein Verzeichnis der Kirchenbücher findet sich hier.
Sächsisches Staatsarchiv – Gruppe Sammlungen: Die hier integrierten Bestände der ehemaligen Deutschen Zentralstelle für Genealogie bilden eine umfangreiche Sammlung von Mikrofilmen zur Familien- und Personengeschichte. Hier befinden sich auch Unterlagen des „Reichssippenamtes“, das ab 1934 ev. und kath. Kirchenbücher, Militärkirchenbücher und jüdische Personenstandsunterlagen der ehemaligen deutschen Ostgebiete verfilmte.
Die Kirchenbücher aus Westpreußen können hier recherchiert werden.
Polnische Staatsarchive
Viele ev. und kath. Kirchenbücher sowie Personenstandsunterlagen befinden sich in den polnischen Staatsarchiven, die (wie oben beschrieben) teilweise online eingesehen werden können und zunehmend von Familienforschern indexiert werden.
Die jüngeren Personenstandsregister werden in den örtlichen polnischen Standesämtern vorgehalten und erst nach Ablauf der Sperrfristen an die Staatsarchive abgegeben. Auch weitere genealogisch relevante Quellen wie z.B. Einwohnerkarteien oder Steuerlisten befinden sich in den Staatsarchiven.
Im Polnischen Archivportal der Staatsarchive und weiterer Einrichtungen lässt sich danach recherchieren Dabei kann mit einer leicht zu bedienenden Suchfunktion über Begriffe wie z.B. Personen- oder Ortsnamen in den Beständen recherchiert werden. Auf Wunsch werden dabei auch nur eingescannte Bestände anzeigt.
Staatsarchive mit westpreußischem Archivgut befinden sich in:
- Danzig: Archiwum Państwowe w Gdańsku. Ein deutschsprachiges Bestandsverzeichnis kann online hier eingesehen werden.
- Marienburg: Archiwum Państwowe w Malborku
- Köslin: Archiwum państwowe w Koszalinie
- Bromberg: Archiwum państwowe w Bydgoszczy
- Allenstein: Archiwum państwowe w Olsztynie
- Stettin: Archiwum państwowe w Szczecinie. Ein deutschsprachiges Bestandsverzeichnis kann online hier eingesehen werden.
Gedruckte Archivführer können beispielsweise bei der „Martin-Opitz-Bibliothek“ in Herne eingesehen oder über die Fernleihe bestellt werden.
Polnische Diözesanarchive:
Hier befinden sich neben den katholischen auch einige evangelische Kirchenbücher. Leider sind die Seiten fast ausschließlich auf Polnisch.
Erzdiözesanarchiv Danzig (mit Danzig und Nordpomerellen)
Diözesanarchiv Elbing (mit Elbing, Marienburg, Tiegenhof, Stuhm und Rosenberg)
Erzdiözesanarchiv Ermland in Allenstein (u.a. mit kath. Kirchenbüchern aus den westpreußischen Kreisen Stuhm, Marienburg, Rosenberg)
Diözesanarchiv Köslin-Kolberg (mit Deutsch Krone, Hammerstein, Jastrow, Flatow)
Diözesanarchiv Pelplin (mit Karthaus, Berent, Pr. Stargard, Dirschau, Schlochau, Konitz, Zempelburg, Tuchel, Schwetz)
Diözesanarchiv Thorn (mit Thorn, Kulm, Graudenz, Gollub).
Für die Nutzung sei nochmals an die zuvor mitgeteilten Erläuterungen zu „Metryki.GenBaza“ und „PTG“ erinnert.
Personenstandsregister:
Neben den in Westpreußen verbliebenen Registern, die nun von den polnischen Staatsarchiven verwahrt werden, befindet sich ein großer Bestand an westpreußischen Personenstandsregistern im Standesamt I in Berlin. Hierbei handelt es sich um das Auslandsstandesamt der Bundesrepublik Deutschland. Dort und im Landesarchiv Berlin befinden sich ein Teil der Personenstandsregister aus dem ehemaligen preußischen Provinzen jenseits von Oder und Neiße aus den Jahren 1874–1945. Die hier aufbewahrten westpreußischen Standesamtsregister können z.B. auch bei „Ancestry“ kostenpflichtig eingesehen werden.
Sonstige Religionsgemeinschaften:
In Westpreußen gab es neben den beiden großen Konfessionen natürlich auch Juden, Mennoniten, Baptisten und Konfessionslose. Letztgenannte wurden als Dissidenten in gesonderten staatlichen Verzeichnissen geführt.
Westpreußische mennonitische Kirchenbücher aus dem Archiv der Mennonitischen Forschungsstelle können kostenpflichtig bei „Archion“ eingesehen werden. Im „Geheimen Preußischen Staatsarchiv“ in Berlin befinden sich weitere digitalisierte Kirchenbücher von westpreußischen Mennonitengemeinden aus den Kreisen Marienburg und Schwetz. Der Zugang ist hier erreichbar.
Vielfältige Informationen zu Mennoniten in Preußen finden Sie auf der von Adalbert Goertz gegründeten Seite „Prussian Mennonite Genealogical Resources“.Unabhängig von allen Online-Quellen sind persönliche Recherchen in den Beständen der polnischen Staatsarchive und des Geheimen Staatsarchivs in Berlin vor Ort oft unausweichlich notwendig. Diese Institutionen besitzen Verwaltungsakten der Landratsämter, Städte, Gemeinden und Dörfer, der Gerichte, Domänenrentämter oder Katasterämter sowie umfangreiche Kartensammlungen. Hier sind für die Genealogie neben den Personenangaben in den Akten auch Dorf- und Stadtpläne des 16. bis 19. Jahrhunderts von sehr großem Wert.
Kontributionskataster und andere staatliche Quellen
Eine zentrale genealogische Informationsquelle sind die sogenannten Kontributionskataster von Westpreußen und dem Netzedistrikt aus den Jahren 1772/73 bzw. 1793. Hierbei handelt es sich u.a. um Listen der steuerpflichtigen Eigentümer bzw. Haushaltsvorstände für die einzelnen Wohnorte mit Angaben zum Familienstand, der Anzahl der Söhne und Töchter, der Knechte und Mägde sowie des Vieh- und Landbesitzes.
Hiervon nicht erfasst, wurden die Orte, die vorher zum Herzogtum Preußen gehört hatten, d.h. große Teile der späteren westpreußischen Kreise Marienwerder und Rosenberg.
Eine tabellarische Kurzform hiervon stellen die sogenannten „Marburger Abschriften“ im Herder-Institut Marburg dar. Die dort enthaltenen Personennamen können – wenn auch mit Übertragungsfehlern behaftet – hier eingesehen werden.
Der „Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen“ (VFFOW) hat davon einige Abschriften der Kontributionskataster (bzw. der preußischen Landesaufnahme) von 1772/73 bzw. 1793 für Teile von Westpreußen um Danzig und Elbing veröffentlicht. Das Angebot findet sich hier.
Die noch erhaltenen Originale befinden sich in erster Linie im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GSt PK) in Berlin. Dort sind sie inzwischen digitalisiert worden und stehen hier jetzt online zur Vergügung.
Das „Geheime Staatsarchiv“ mit seinem großen historischen Lesesaal ist sicherlich eines der schönsten Archive mit westpreußischen Quellen. Hier befinden sich viele genealogische Quellen abseits der Kirchenbücher, die mit der Arbeit von preußischen Behörden zusammenhängen. Hierzu zählen beispielweise Unterlagen der Domänenrentämter mit vielen genealogischen Hinweisen, sonstige Steuerakten sowie Schul- und Gerichtsakten. Das „Geheime Staatsarchiv“ besitzt zudem eine beachtliche Landkartensammlung. Die Archivdatenbank lässt sich hier durchsuchen.
Militärische Dokumente
Im „Geheimen Staatsarchiv“ in Berlin (GStA PK) bildet die bereits vollständig digitalisierte Offiziersnomenklatur eine wichtige genealogische Quelle. Sie listet die Namen und Karrierestationen von Offizieren auf, die vor 1866 in die preußische Armee eingetreten sind.
Darüber hinaus befindet sich im „Geheimen Staatsarchiv“ auch ein großer Bestand von knapp 2.000 Militärkirchenbüchern.
Im Staatsarchiv Sachsen werden weitere Militärkirchenbücher der ehemals preußischen Armee verwahrt, die durch das „Reichssippenamt“ verfilmt worden waren.
Genealogisch sehr bedeutsam sind die Verlustlisten des 1. Weltkrieges. In diesem „Crowdsourcing-Projekt“ des „Vereins für Computergenealogie“ wurden nicht nur Gefallene, sondern auch Verwundete und in Gefangenschaft geratene Soldaten aufgelistet.
Der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ betreibt die Suche nach Namen von Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges. In dieser Sammlung können auch die Gefallenen eines einzelnen Geburtsortes angezeigt werden.
Die „Bundesarchive“ sind auf mehrere Standorte verteilt. Hier finden sich neben Unterlagen von Militärangehörigen auch Akten zum Lastenausgleich und zur NS-Vergangenheit in folgenden Abteilungen:
- Abteilung MA (Militärarchiv in Freiburg): Unterlagen und Auskünfte über Militärangehörige, beginnend mit der Preußischen Armee 1867 bis zur Bundeswehr. Der größte Teil der Akten der Preußischen Armee wurde allerdings 1945 beim Brand des Heeresarchivs vernichtet. Nähere Informationen finden sie hier.
- Abteilung PA (Personenbezogene Auskünfte in Berlin-Reinickendorf): Unterlagen und Auskünfte über Militärangehörige u.Ä. des 1. und 2. Weltkrieges, die ehem. „von der Deutsche Dienstelle“ (WASt) verwaltet wurden. Ein Merkblatt zu den Unterlagen von Militärangehörigen, insbesondere aus der Zeit des 2. Weltkriegs, findet sich hier.
Eine Namenssuche in den Beständen der Bundesarchive ermöglicht das Recherche-Werkzeug „Invenio“. Hier können teilweise auch bereits digitalisierte Unterlagen eingesehen werden.
Flucht und Vertreibung, Lastenausgleich und NS-Diktatur
Unter dieser Perspektive bietet das „Bundesarchiv“ folgende Quellen:
- Abteilung Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth : Akten zum Lastenausgleich, die die Vermögensschäden der Vertriebenen und Flüchtlinge dokumentieren, Erlebnisberichte aus dem Jahre 1945 (Ost-Dokumentation), sog. Gemeindeseelenlisten und Unterlagen der sog. Heimatauskunftsstellen.
- Abteilung BE (Bereitstellung) in Berlin-Lichterfelde: Unterlagen zum Deutschen Reich, zur NS-Diktatur und zur DDR sowie Unterlagen über Mitglieder der NSDAP (Mitgliederkartei), deren Gliederungen und angeschlossener Verbände (wie SA oder SS).
Eine Namenssuche in den Beständen der Bundesarchive ermöglicht auch hier das schon genannte Recherche-Werkzeug „Invenio“.
Einwanderung und Auswanderung
Im Zuge der Deutschen Ostkolonisation und des Anwachsens der Hansestädte wanderten im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit immer mehr Menschen aus dem übervölkerten Westen ins „Land an der unteren Weichsel“, dem späteren Westpreußen. Siedler brachten Steuern für den Deutschen Orden oder die ihm nachfolgenden Grundherren. Viele kamen auch zu späteren Zeiten z.B. nach Seuchen, Hungersnöten oder Kriegen. So zogen nach den Nordischen Kriegen (1655–1721) sehr viele Siedler mehrheitlich aus dem nahen Pommern in das teilweise entvölkerte Gebiet beiderseits der Weichsel. Andere kleine Gruppen wie die Mennoniten, die Masuren, die Schotten oder (um 1780) die Württemberger brachten neue kulturelle und technisch-innovative Impulse ins Land.
Das 19. Jahrhundert wiederum war für viele Westpreußen das Jahrhundert der Auswanderung und des Fortzugs in andere Gebiete des damaligen Deutschen Reiches, wie z.B. nach Berlin oder in das Ruhrgebiet.
Zudem bildeten die Vereinigten Staaten von Amerika ein wichtiges Ziel der aus Westpreußen auswandernden Menschen.
Die Auswanderer nahmen dabei auch personenbezogene Dokumente und Fotografien von ihren in Westpreußen verbliebenen Eltern und Geschwister mit, die sich größtenteils noch heute in amerikanischem Familienbesitz befinden. Dies ist umso wertvoller, da sehr viele Fotografien oder Dokumente westpreußischer Vorfahren während der Flucht und Vertreibung verloren gegangen sind.
Zudem wurden in amerikanischen Chroniken oder Zeitungen sehr viele Familiengeschichten und Biographien niedergeschrieben bzw. veröffentlicht, die vielfach Informationen über die westpreußische Herkunft offenbaren. Auch die in den USA befindlichen alten Grabsteine enthalten wichtige Hinweise auf die Auswanderer.
Insofern kann ein Kontakt zu amerikanischen Auswandererfamilien über Ancestry oder Find a grave, die größte Sammlung von Grabstätten weltweit, zu erstaunlichen familiengeschichtlichen Funden führen. Bei „Ancestry“ und anderen Internet-Portalen können überdies auch nach einzelnen Auswanderungshäfen und Auswanderer-Schiffen recherchiert werden.Auch das Russische Reich gehörte zu Zielen westpreußischer Auswanderer. Auf dem sicheren Landweg wanderten von 1789 bis 1859 rd. 6.500 Personen (darunter viele Mennoniten) aus Danzig und Westpreußen ins benachbarte Russische Reich, vornehmlich in die fruchtbaren Gebiete in Wolhynien und am Schwarzen Meer. Beide Gebiete gehören heute zur Ukraine.
Erst seit der jüngsten Vergangenheit ist der Nachweis einer Abstammung bzw. einer Verwandtschaft auch naturwissenschaftlich über DNA-Tests möglich. Die durch Speichel oder Schleimhautabstriche im Mund zu gewinnenden Proben sind mittlerweile zu recht erschwinglichen Preisen auf die DNA hin zu untersuchen.
Dies bedeutet eine wesentliche Erweiterung der genealogischen Forschung. Durch die DNA-Genealogie kann erstmals die urkundenbasierte Familienforschung überprüft werden, indem bei Personen mit einem gemeinsamen Vorfahren (z.B. dem Urgroßvater) eine Identität von Teilabschnitten der DNA festgestellt werden kann. Diese autosomale DNA (atDNA) ermitteln derzeit die meisten Anbieter, von denen hier nochmals „Ancestry“ genannt sei.
Zudem ist es möglich, die weit zurückliegende Herkunft z.B. eines Familiennamens zu belegen. So ließe sich beispielsweise die Spur alteingesessener westpreußischer Familiennamen – wie z.B. Burau, Engler, Frase oder Ziebuhr bis in die Herkunftsgebiete vor der Ostkolonisation nachweisen. Möglich wird dies durch die Ermittlung der DNA des Y‑Chromosoms, das nur vom Vater auf seine Söhne weitervererbt wird. Diesen Test bieten gegenwärtig nur wenige Anbieter an wie z.B. LivingDNA oder 23andMe.
Eine gute Hilfestellung für die Identifizierung möglicher Herkunftsgebiete des eigenen Familiennamens gibt eine interaktive Namensverbreitungskarte von 1890, die auf der Seite des Vereins für Computergenealogie angeboten wird. Mit Hilfe der Karte kann dargestellt werden, wo ein bestimmter Familienname besonders häufig auftritt, und dadurch lassen sich möglicherweise Hinweise auf dessen Entstehungsregion sammeln. Seltene Namen sind dabei naturgemäß im Vorteil.
Neben dem Vergleich der DNA auf den Internetseiten der Testanbieter gibt es auch die Möglichkeit, über die englischsprachige Seite „GEDmatch“ anbieterunabhängige Vergleiche anzustellen. In den USA ist die DNA-Genealogie – im deutlichen Unterschied zu Europa – schon sehr weit verbreitet. Weitere Informationen zu den einzelnen DNA-Tests und ihren Anbietern finden sich hier.
Falls Neumitglieder Interesse an der Familienforschung und an Westpreußen haben, bietet die Westpreußische Gesellschaft 2021 einen besonderen Service an:
Senden Sie uns z.B. Fragen zu ein bis max. zwei gesuchten Personen. Sie erhalten innerhalb eines Monats eine Antwort mit Recherche-Tipps und wenn möglich sogar mit Recherche-Ergebnissen. Hierbei werden bekannte Online-Archive, Datenbanken und Printmedien ausgewertet und dabei auch eigene Sammlungen und bezahlpflichtige Internetseiten einbezogen.
Neben dem Mitgliedsnachweis sind dazu der Vor- und Nachname der gesuchten Person, deren Religion sowie der Herkunftsort und ‑kreis erforderlich. Freilich sind alle weiteren persönlichen Daten und Informationen ebenfalls willkommen.Die Nachricht können Sie in deutscher oder englischer Sprache an folgende E‑Mail senden: genealogie@westpreussische-gesellschaft.eu.