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Westpreußischer Kulturpreis 2023
Am zweiten Tag des diesjährigen Westpreußen-Kongresses, den die Westpreußische Gesellschaft vom 22. bis zum 24. September in Warendorf veranstaltet hat, wurde nach vier Jahren neuerlich der Westpreußische Kulturpreis verliehen, und zwar an Frau Professor Dr. Karin Friedrich, die innerhalb des Kongressprogramms bereits den Eröffnungsvortrag gehalten hatte.
In seiner Laudatio machte der Vorsitzende der Gesellschaft, Prof. Dr. Erik Fischer, die Anwesenden mit der Laureatin und ihrem Œuvre genauer bekannt. – Karin Friedrich lehrt seit 2005 als Professorin für die Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit an der University of Aberdeen. Zuvor wirkte sie von 1995 bis 2004 an der School of Slavonic and East European Studies, University College London. Von 1984 bis 1989 hatte sie Geschichte und Politik in München studiert und wurde 1995 an der Georgetown University, Washington D. C., promoviert. Aus dieser Dissertation ging ihre erste Monographie hervor: The Other Prussia. Poland, Prussia and Liberty, 1454–1772 (Cambridge 2000), die bezeichnenderweise 2006 auch auf Polnisch erschien.
Damit hatte sie ein zentrales Thema ihrer Forschung angeschlagen, das sie in den folgenden Jahren in verschiedenen Hinsichten perspektivisch erweitert und vertieft hat. Dies zeigen ihre Publikationen zur Staatsbildung von Brandenburg-Preußen und zum Aufstieg von Berlin wie The Cultivation of Monarchy and the Rise of Berlin: Brandenburg-Prussia 1700 (mit Sara Smart, Farnham 2010) oder Brandenburg-Prussia, 1466–1806. The Rise of a Composite State (Basingstoke 2011). Daneben machen Publikationen zur politischen Ideengeschichte Polen-Litauens, zur Stadtgeschichte oder zur frühneuzeitlichen Festkultur und Konfessionsgeschichte weitere Schwerpunkte ihrer Arbeiten kenntlich.
Neben der Vielzahl von Veröffentlichungen gehört die Arbeit als Redaktionsmitglied und Mitherausgeberin an mehreren renommierten Fachzeitschriften ebenso zum Profil der Wissenschaftlerin wie ihre Kooperation innerhalb des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Barockforschung, das intensive Engagement für die German History Society oder ihre Tätigkeiten im Beirat des Deutschen Historischen Instituts in Warschau.
Karin Friedrichs historiographische Ansätze, die weitreichenden Konsequenzen, die daraus für die Erforschung und das Verständnis von »Westpreußen« zu ziehen sind, sowie die beeindruckende Vielfalt ihres Schaffens veranlassten den Vorstand der Westpreußischen Gesellschaft, dieser Wissenschaftlerin den Westpreußischen Kulturpreis 2023 zu verleihen. Im Text der auf den 22. September 2023 datierten Urkunde werden zunächst die Leistungen der Laureatin ausführlicher gewürdigt:
Das bislang vorliegende Œuvre von Frau Professor Dr. Karin Friedrich hat den Blick auf die Geschichte des Landes an der unteren Weichsel maßgeblich zu erweitern und zu schärfen vermocht. Ihre 2000 erschienene Dissertation zum »anderen Preußen«, zum »Preußen Königlichen Anteils«, hat eine alternative Perspektive auf das Land an der unteren Weichsel eröffnet, weil sie nun das wahrzunehmen erlaubte, was zuvor allermeist ideologisch verkürzt, wenn nicht gänzlich ausgeblendet geblieben war: die historische Entwicklung dieser Kulturregion von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1772. Anschließende Arbeiten haben das Umfeld der mittelosteuropäischen Geschichte in der Frühen Neuzeit unter wechselnden Aspekten gleichwie in methodisch variablen Zugriffen differenziert erschlossen und das Bewusstsein für die mannigfachen interkulturellen Austauschprozesse in diesen Siedlungsgebieten geschärft. Dabei ist es zudem in überzeugender Weise gelungen, die Anschlussfähigkeit dieser Themen an den internationalen Forschungsdialog erheblich zu verstärken.
Im Anschluss daran begründet der Vorstand seine am 20. Januar 2023 getroffene Entscheidung:
Die Westpreußische Gesellschaft sieht in Frau Professor Dr. Karin Friedrich somit eine führende Vertreterin einer anspruchsvollen, innovatorischen Geschichtswissenschaft; als Forscherin wie als Hochschullehrerin entwirft sie neue, tragfähige Fragestellungen, fördert nachdrücklich das Interesse an »Westpreußen« und leitet nicht zuletzt zur kritischen Reflexion längst vertrauter historiographischer Konzepte an. Aus diesem Grunde verleiht ihr die Westpreußische Gesellschaft als Dank, Anerkennung und Ansporn den Westpreußischen Kulturpreis 2023.
Unter dem Applaus aller Kongressteilnehmer nahm Frau Professor Dr. Karin Friedrich den Preis entgegen und ließ in ihren herzlichen Dankesworten deutlich werden, dass sie der Westpreußischen Gesellschaft und deren Aktivitäten auch weiterhin freundschaftlich verbunden bleiben möchte.
■ Die DW-Redaktion