1. Grün­dung und Konsolidierung
  2. Kul­tur­ar­beit und Ent­wick­lung bis 2020

Gründung und Konsolidierung

Mil­lio­nen deut­scher Flücht­lin­ge und Ver­trie­be­ner jen­seits von Oder und Nei­ße, so auch die West­preu­ßen aus dem Land am Unter­lauf der Weich­sel, waren als Fol­ge des 1945 zu Ende gegan­ge­nen Zwei­ten Welt­krie­ges hei­mat­los gewor­den. Fern ihrer alten sozia­len Bin­dun­gen muss­ten sie sich, über die vier Besat­zungs­zo­nen der Nach­kriegs­zeit zer­streut lebend, vor­dring­lich zunächst eine neue Exis­tenz auf­bau­en. Ihr Hei­mat­be­wusst­sein, ihr Bedürf­nis nach Zusam­men­halt woll­ten sie jedoch trotz der damals zu bewäl­ti­gen­den Not nicht auf­ge­ben. Dem stand ein Ver­bot der Besat­zungs­mäch­te ent­ge­gen, orga­ni­sa­to­ri­sche Ver­ei­ni­gun­gen von Ver­trie­be­nen und Flücht­lin­gen zu grün­den. Es wur­de befürch­tet, dass damit eine poli­ti­sche Radi­ka­li­sie­rung der Bevöl­ke­rungs­grup­pe der Hei­mat­ver­trie­be­nen im Nach­kriegs­deutsch­land ent­ste­hen könnte.

Die­ses Ver­bot wur­de 1948, kurz vor der Grün­dung der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Jah­re 1949, schließ­lich auf­ge­ho­ben. In der im sel­ben Jahr ent­stan­de­nen DDR blie­ben lands­mann­schaft­li­che Ver­ei­ni­gun­gen jedoch nach wie vor unter­sagt. Im frei­en Teil Deutsch­lands hin­ge­gen  konn­ten nun lands­mann­schaft­li­che Ver­bän­de gegrün­det wer­den. So bil­de­ten sich auch unter den West­preu­ßen zunächst Hei­mat­kreis­ge­mein­schaf­ten, deren Ziel es war, die hei­mat­los gewor­de­nen Lands­leu­te aus den jewei­li­gen west­preu­ßi­schen Krei­sen auf Hei­mat­tref­fen zusam­men­zu­füh­ren und ihren Zusam­men­halt zu stär­ken. Die west­preu­ßi­schen Hei­mat­kreis­ver­tre­ter tra­fen sich dann erst­mals im Juni 1949 zu einer Tagung in Ham­burg und wähl­ten zu ihrem Spre­cher (Vor­sit­zen­den) den Guts­be­sit­zer Erik von Witz­le­ben aus dem Kreis Wir­sitz. Er amtier­te bis zum Jahr 1956.

Damit war der Grund­stein zur Ent­ste­hung der Lands­mann­schaft West­preu­ßen gelegt wor­den. Wei­te­re Schrit­te in der Ent­wick­lung folg­ten. Sitz der Lands­mann­schaft wur­de die Han­se­stadt Lübeck. Eine eige­ne Zei­tung „Der West­preu­ße“ wur­de her­aus­ge­ge­ben. Neben den bereits bestehen­den Hei­mat­kreis­ge­mein­schaf­ten wur­den in den ein­zel­nen Bun­des­län­dern dann Lan­des­grup­pen als regio­na­le Unter­glie­de­run­gen der Bun­des­lands­mann­schaft gebil­det. Zen­tra­le Bun­des­tref­fen für die hei­mat­los gewor­de­nen West­preu­ßen wur­den orga­ni­siert, erst­mals 1951 in Ham­burg, dann fol­gend 1952 in Lübeck und 1953 in Han­no­ver. Ab 1954 (in Bochum) wur­den die­se gro­ßen Hei­mat­tref­fen dann im Zwei-​​Jahres-​​Rhythmus fortgesetzt.

Kulturarbeit und Entwicklung bis 2020

Einen her­aus­ge­ho­be­nen Schwer­punkt in der lands­mann­schaft­li­chen Auf­ga­ben­wahr­neh­mung stell­te von Anfang an die Kul­tur­ar­beit zur Wah­rung und Ver­mitt­lung von Geschich­te und Kul­tur des Lan­des am Unter­lauf der Weich­sel dar. Mit zen­tra­len Ver­an­stal­tun­gen wie Bun­des­kul­tur­ta­gun­gen, Kul­tur­se­mi­na­ren und Kul­tur­kon­gres­sen wur­de die­se wesent­li­che Auf­ga­be umge­setzt. Sie gilt auch wei­ter­hin als ste­te Ver­pflich­tung. Glei­chen Zie­len dient die 1975 von der Lands­mann­schaft gegrün­de­te Kul­tur­stif­tung West­preu­ßen. Sie ist Trä­ge­rin des im sel­ben Jahr errich­te­ten West­preu­ßi­schen Lan­des­mu­se­ums im Dros­ten­hof zu Münster-​​Wolbeck, das dann ab 2015 sei­nen neu­en Stand­ort im ehe­ma­li­gen Franziskaner-​​Kloster zu Waren­dorf gefun­den hat. Der Land­schafts­ver­band Westfalen-​​Lippe hat­te bereits im Jah­re 1962 die Paten­schaft über die Lands­mann­schaft West­preu­ßen über­nom­men und för­dert seit­her, neben wei­te­ren öffent­li­chen För­de­rern, die Muse­ums­ar­beit auch finan­zi­ell. Im Zuge der über­nom­me­nen Paten­schaft ver­leg­te die Lands­mann­schaft im Jah­re 1963 ihren Sitz von Lübeck nach Münster/​​Westfalen.

Die Lands­mann­schaft West­preu­ßen kann mitt­ler­wei­le auf vie­le Jahr­zehn­te aner­kann­ten und erfolg­rei­chen Wir­kens zurück­bli­cken. Im Jah­re 2019 beging sie ihr 70jähriges Bestehen. Die Zei­ten haben sich jedoch im Ver­lauf die­ser 70 Jah­re, selbst­re­dend, gewan­delt. Neue Wege gilt es zu beschrei­ten, neue Zie­le zu bestim­men, um die lands­mann­schaft­li­che Arbeit auch in Zukunft erfolg­reich fort­set­zen zu kön­nen. Dar­über ist in den lands­mann­schaft­li­chen Gre­mi­en inten­siv dis­ku­tiert und das Ergeb­nis abschlie­ßend in einer Neu­fas­sung der Sat­zung mani­fes­tiert wor­den. Lei­ten­des Ziel wird es zukünf­tig sein, sich zu öff­nen hin in eine weit­ge­fass­te Öffent­lich­keit inner­halb unse­rer Gesell­schaft. Es wird in Zukunft mehr denn je dar­auf ankom­men, über die Nach­kom­men west­preu­ßi­scher Vor­fah­ren hin­aus jene Geschichts- und Kul­tur­in­ter­es­sier­ten im Lan­de zu errei­chen, die zwar kei­nen fami­liä­ren Bezug zum Land am Unter­lauf der Weich­sel haben, aber auf­ge­schlos­sen sind für die The­ma­tik „West­preu­ßen – Begeg­nun­gen mit einer euro­päi­schen Kul­tur­re­gi­on“. Die­se zukunfts­wei­sen­den Per­spek­ti­ven fin­den ihren Aus­druck schließ­lich auch in der beschlos­se­nen Namens­er­wei­te­rung der Lands­mann­schaft. Der neue Name „West­preu­ßi­sche Gesell­schaft – Lands­mann­schaft West­preu­ßen“ soll die neue Offen­heit und zugleich den Auf­bruch in die Zukunft eines von guter Nach­bar­schaft gepräg­ten fried­vol­len Euro­pas signalisieren.